Wie die Unterstützung von Hamas in Deutschland geahndet wird
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Eigentlich ist es nicht üblich, dass Vereinsverbote angekündigt werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat dies bisher immer vermieden, um einen gewissen Überraschungseffekt bei der Beschlagnahme von Vermögen und Arbeitsmitteln zu sichern. Doch diesmal war der Druck offensichtlich zu groß, sofort Maßnahmen anzukündigen. Zwar gilt in Deutschland die Vereinigungsfreiheit, es ist also grundrechtlich geschützt, sich mit anderen zu organisieren und kollektiv Interessen zu vertreten. Allerdings sieht Artikel 9 des Grundgesetzes auch die Möglichkeit vor, Vereine zu verbieten, wenn ihre Zwecke oder Tätigkeiten auf Straftaten zielen, verfassungswidrig sind oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen.
Ein symbolischer Schritt
Zuständig für bundesweite Vereinsverbote ist das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser. Der Verein kann aber gegen das Verbot klagen. Darüber entscheidet dann das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Weil hier gründlich geprüft wird, muss auch das Verbot solide begründet werden. Deshalb konnte Faeser die Ankündigung des Kanzlers nicht postwendend umsetzen.
Im Fall von Hamas, der Terrorgruppe, die den Massenmord an israelischen Zivilist*innen durchführte, wird es wohl kein Vereinsverbot geben, weil Hamas keine vereinsartigen Strukturen in Deutschland hat. Kanzler Scholz sprach deshalb von einem „Betätigungsverbot“ (wie es bereits eines für die Terrormiliz IS gibt). Der Schritt ist aber eher symbolisch, denn Hamas steht schon seit Jahren auf der EU-Liste terroristischer Organisationen, kann also eh nicht öffentlich auftreten. Was der Schritt bedeutet, erklärte Innenministerin Faeser am Donnerstag in der Bundespressekonferenz.
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren für Hamas-Jubel
Das Netzwerk Samidoun steht hinter den Berliner Jubelfeiern nach dem Terror-Überfall der Hamas. Rund 50 Personen hatten nach dem Angriff Süßigkeiten verteilt und israelfeindliche Parolen gerufen. Hier besteht eine Struktur, die auch als „Verein“ verboten werden kann. Verbotsgrund dürfte zumindest die Ablehnung der Völkerverständigung sein.
Doch auch strafrechtlich sind derartige Hamas-Jubelfeiern verboten. Die „Billigung von Straftaten“ kann laut Paragraf 140 des Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe sanktioniert werden. Es kommt dabei nicht darauf an, dass die Straftaten in Deutschland stattfanden. Entscheidend ist, dass deren Billigung den öffentlichen Frieden stört. Dies ist im Fall der öffentlichen Unterstützung des Hamas-Terrors aber offensichtlich.
Versammlungsverbote als letztes Mittel
Demonstrationen können ebenfalls verboten werden, wenn dort der Hamas-Terror gebilligt werden soll. Auch für die Versammlungsfreiheit ist das Strafrecht die Grenze. Die Maßstäbe sind allerdings von Bundesland zu Bundesland leicht unterschiedlich, weil das Versammlungsrecht oft in speziellen Landesgesetzen geregelt ist. In Berlin und Frankfurt gab es bereits erste Demonstrationsverbote für palästinensische Kundgebungen. Das Berliner Verbot wurde in einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin auch bestätigt.
Rechtsprofessor Clemens Arzt wies allerdings in einem Interview mit der Tageszeitung Welt darauf hin, dass solche Verbote das letzte Mittel sein müssen. In der Regel müsse die Polizei zunächst Auflagen erteilen, bevor sie eine Versammlung auflöst. Wenn etwa volksverhetzende Plakate gezeigt werden, müsse verlangt werden, die Plakate wegzunehmen. Die Lage wird für die Versammlungsbehörden noch viel schwieriger, wenn die israelische Regierung ihre Gegenoffensive beginnt und dabei – wie angekündigt – keine Rücksicht auf völkerrechtliche Grenzen nimmt. Proteste hiergegen werden deutsche Gerichte kaum verbieten können.
Abschiebungen schwierig
Neben strafrechtlichen Sanktionen kann die Billigung des Hamas-Terrors auch zu aufenthaltsrechlichen Folgen führen, wenn der oder die Täter*in kein*e deutsche*r Staatsbürger*in ist. Bei der Unterstützung von Terrororganisationen oder der Aufstachelung von Hass gegen Teile der Bevölkerung besteht ein schwerwiegende Ausweisungs-Interesse, so Paragraf 54 des Aufenthaltsgesetzes, das aber im Einzelfall immer mit dem Bleibe-Interesse des Ausländers abgewogen werden muss.
Sollte eine Ausweisung ausgesprochen werden, hat dies zunächst nur rechtliche Folgen. D.h. der oder die Ausländer*in verliert das Aufenthaltsrecht in Deutschland. Er oder sie ist nun ausreisepflichtig. Eine Abschiebung – also das Verbringen außer Landes – ist aber nur möglich, wenn ihn oder sie ein anderer Staat aufnimmt. Bei Palästinenser*innen ist eine Abschiebung nach Gaza oder ins Westjordanland aus faktischen Gründen nicht möglich, wie die SZ jüngst berichtete, da Israel dies blockiert.