Inland

Wie Deutschland ein modernes Einwanderungsland werden soll

Einbürgerungen in Deutschland sollen künftig leichter möglich sein. Die Pläne dafür hat Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Veranstaltung am Montagnachmittag in Berlin noch einmal bekräftigt.
von Jonas Jordan · 28. November 2022
Einbürgerungen sollen nach dem Willen der SPD künftig leichter möglich sein.
Einbürgerungen sollen nach dem Willen der SPD künftig leichter möglich sein.

Sieben Jahre lang war Olaf Scholz Erster Bürgermeister in Hamburg. Während dieser Zeit gehörten die jährlichen Einbürgerungsfeiern im Rathaus zu den berührendsten Momenten, die er erlebt habe, sagt der Bundeskanzler am Montagnachmittag bei einer Veranstaltung in Berlin-Kreuzberg. Sie trägt den Titel „Deutschland. Einwanderungsland. Dialog für Teilhabe und Respekt“. „Dass wir diese Worte in einem Atemzug sagen, ist keinesfalls selbstverständlich“, findet Scholz. Denn Jahrhunderte lang sei Deutschland ein Auswanderungsland gewesen, inzwischen jedoch für viele „ein Land der Hoffnung“ geworden. 

Doppelpass soll grundsätzlich möglich werden

Dem will die Ampel-Regierung nach den Plänen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einem geänderten Staatsbürgerrecht nun Rechnung tragen. Der Entwurf, der Mitte dieser Woche im Bundeskabinett beraten werden soll, sieht vor, die Hürden für Einbürgerungen abzusenken. So soll die für eine Einbürgerung notwendige Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland von acht auf fünf Jahre abgesenkt werden. Bei Menschen, die sich durch besonders gute Sprachkenntnisse oder ehrenamtliches Engagement auszeichnen können, soll sie auf drei Jahre verkürzt werden. So ist es auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart.

Außerdem soll Mehrstaatlichkeit grundsätzlich möglich sein. Schon jetzt würden 60 Prozent der eingebürgerten Menschen ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit neben der deutschen behalten, berichtet Scholz. „Deutschland braucht bessere Regeln für die Einbürgerung all dieser tollen Frauen und Männer“, hatte der Bundeskanzler bereits am Wochenende in seinem Podcast „Kanzler kompakt“ betont.

Scholz: Mehr demokratische Beteiligung schaffen

Nicht zuletzt sei eine erleichterte Einbürgerung auch Ausdruck demokratischer Beteiligung. „Neun Millionen Menschen leben und arbeiten in diesem Land, ohne dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Die Demokratie lebt von der Möglichkeit, mitzubestimmen. So entsteht Legitimität und so wächst Akzeptanz. Deswegen muss uns daran gelegen sein, dass Einwohnerschaft und Wahlvolk nicht auseinander fallen“, sagte Scholz.

Auch sei die Rekordzahl von 45 Millionen Beschäftigten in Deutschland nicht ohne die Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland möglich gewesen. Scholz verwies unter anderem darauf, dass mehr als ein Viertel aller Ärzt*innen in Deutschland nicht hierzulande geboren seien. Im Pflegebereich sei es sogar jede*r dritte Beschäftigte. „Ich bin fest davon überzeugt, dass Integration von Erwachsenen am besten über den Arbeitsmarkt funktioniert“, sagte der Bundeskanzler.

Esken: „Konservativen Muff abschütteln“

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken warb am Montag in einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus ebenfalls für das Vorhaben. Faesers Entwurf sei ein „sehr, sehr guter Aufschlag“, sagte Esken. „Es kann uns durchaus mit Stolz erfüllen, dass wir ein attraktives Land sind“, sagte die SPD-Chefin. Zugleich sei es ein Zeichen „unseres Respekts und unserer Dankbarkeit“, die Staatsbürgerschaft so zu reformieren, „dass wir einem modernen Einwanderungsland Rechnung tragen“.

Esken wehrte sich zugleich gegen Kritik aus den Reihen der CDU/CSU an den Plänen. „Mit dieser Reform des Staatsbürgerschaftsrechts wird die Ampel weiter daran arbeiten, den konservativen Muff von diesem Land abzuschütteln.“ Deswegen sei es aus ihrer Sicht nicht überraschend, dass die Union erst mal nicht einverstanden sei.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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