Warum Beschäftigte in Ostdeutschland immer noch weniger verdienen
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Seit 32 Jahre ist Deutschland wiedervereinigt. Doch in manchen Bereichen klafft zwischen Ost und West noch immer eine große Lücke. So verdienen Beschäftigte in Ostdeutschland noch immer 13,7 Prozent weniger als ihre Kolleg*innen in Westdeutschland, vergleicht man Beschäftigte gleichen Geschlechts, im gleichen Beruf und mit vergleichbarer Berufserfahrung miteinander. Je nach Beruf kann die Gehaltslücke für Vollzeitbeschäftige damit monatlich bis zu 1.000 Euro brutto betragen. Das geht aus einer Auswertung des Portals Lohnspiegel.de des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Mehr Tarifbindung und ein höherer Mindestlohn
Die Gründe dafür sind vielfältig. „Ostdeutsche Betriebe sind deutlich seltener an einen Tarifvertrag gebunden, als dies im Westen der Fall ist“, nennt Malte Lübker einen Grund. Lübker ist Experte für Tarif- und Einkommensanalysen beim WSI. „Der Weg zu fairen Löhnen für alle ostdeutschen Beschäftigten führt deshalb über eine Stärkung der Tarifbindung.“ Nach Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiteten 2021 in Ostdeutschland nur noch 45 Prozent der Beschäftigten in einem Unternehmen mit Tarifvertrag. In Ostdeutschland waren es 54 Prozent.
Einen Beitrag, den Abstand bei den Löhnen zu verringern, dürfte die gerade erfolgte Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro leisten. So profitieren von der Anhebung in Ostdeutschland 29,1 Prozent der Beschäftigten, insgesamt 1,5 Millionen Menscne. In Westdeutschland sind es 16,1 Prozent der Arbeitnehmer*innen (5,2 Millionen). Insgesamt verdienen damit 17,8 Prozent aller Beschäftigten, die in Deutschland Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben, mehr Geld. Eine Auswertung des WSI zeigt zudem, dass die Landkreise, in denen die meisten Profiteur*innen des höheren Mindestlohns leben, durchweg in Ostdeutschland liegen. So erhalten 44,0 Prozent der Beschäftigen im Kreis Sonneberg (Thüringen), 43,1 Prozent im Kreis Teltow-Fläming (Brandenburg) und 40,0 Prozent im Saale-Orla-Kreis (Thüringen) seit dem 1. Oktober mehr Geld.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.