Inland

Steigende Mietnebenkosten: SPD-Fraktion will „Kündigungsmoratorium“

Die SPD-Bundestagsfraktion will Mieter*innen vor unzumutbaren Belastungen aufgrund steigender Energiepreise schützen. Ein Moratorium soll Kündigungen von Mietverträgen wegen nicht gezahlter Betriebskosten verhindern. Es gibt aber noch weitere Hilfen.
von Lars Haferkamp · 25. Juli 2022
Stunde der Wahrheit – Heizkostenabrechnung: In einzelnen Regionen Deutschlands werden Preissteigerungen bei den Heizkosten prognostiziert, die die bisherigen Kaltmieten um ein Mehrfaches übertreffen.
Stunde der Wahrheit – Heizkostenabrechnung: In einzelnen Regionen Deutschlands werden Preissteigerungen bei den Heizkosten prognostiziert, die die bisherigen Kaltmieten um ein Mehrfaches übertreffen.

„You’ll never walk alone“ – zu deutsch: „Du wirst niemals alleine gehen“: Mit diesen Worten versprach Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag vergangener Woche, dass der Staat die Bürger*innen nicht allein lassen werde mit den dramatisch steigenden Preisen. In Ergänzung der vom Kanzler bereits angekündigten Maßnahmen hat die SPD-Bundestagsfraktion nun ein „Maßnahmenpaket zur Abfederung der hohen Energiepreise im Wohnmietbereich“ vorgelegt. Es soll besonders belasteten Mieter*innen helfen.

SPD-Fraktion: Lasten gerecht verteilen

„Niemand darf seine Wohnung verlieren, weil er oder sie die Nebenkosten nicht bezahlen kann“, erklärt dazu Bernhard Daldrup, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Auch mietrechtliche Schutzmaßnahmen könnten nach dem Eckpunktepapier der Fraktion hier eine dringend benötigte Abhilfe schaffen. Wichtig ist der SPD-Fraktion, „die Lasten gerecht“ zu verteilen.

Konkret fordern die Arbeitsgruppen Recht und Wohnen der Fraktion als kurzfristig wirkende Maßnahme ein „Kündigungsmoratorium“. Kündigungen von Mietverhältnissen wegen einer Nichtleistung von Betriebskostennachzahlungen sollen ausgeschlossen sein für die Abrechnungsperioden 2021 und 2022 jeweils für sechs Monate ab Abrechnung der Kosten. Das gleiche Kündigungsmoratorium soll gelten, wenn Betriebskostenvorauszahlungen nicht geleistet werden können.

Härtefall-Hilfen auch für Vermieter*innen

„Auch die Vermieterinnen und Vermieter sowie die kommunalen Energieversorger, die Stadtwerke, werden wir dabei nicht vergessen“, betont Bernhard Daldup. Diesen Balanceakt habe man in einer ähnlich schweren Krisensituation, zu Beginn der Corona-Pandemie, hinbekommen. „Auch in der Energiepreiskrise sei Solidarität der Schlüssel zu ihrer Überwindung“, so Daldrup. „Niemand wird allein gelassen. Eine Spaltung der Gesellschaft dürfen und werden wir nicht zulassen.“

Daher soll es auch Hilfen für Vermieter*innen geben, für die Kündigungsausschlüsse „unzumutbare Härtenç sind. Ihnen soll ein zinsloses Darlehen gewährt werden. Bei kreditfinanzierten Immobilien sollen die Ansprüche der Darlehensgeber, die im Zeitraum des Moratoriums fällig werden, für diesen Zeitraum gestundet werden.

„Für den absoluten Krisenfall werden Strom- und Gassperren ausgeschlossen, damit auch einkommensschwache Haushalte kalte Tage nicht in unbeheizten Wohnungen verbringen müssen“, so die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem Papier. Das müsse mit einem Konzept zur Sicherung der Stadtwerke verbunden werden, an denen sich auch der Bund beteiligen müsse. Darüber hinaus sollten örtliche Härtefallfonds eingerichtet werden und auch die Bundesländer einbezogen werden.

SPD setzt auf gezielte Finanzhilfen

Für besonders belastete Haushalte sieht die SPD-Fraktion gezielte Finanzhilfen vor. So sollen etwa für Empfänger*innen staatlicher Unterstützungen wie Arbeitslosengeld II die steigenden Heizkosten übernommen werden, nicht jedoch die Stromkosten. „Im Zuge einer großen Wohngeldreform soll der Kreis der Berechtigten ausgeweitet werden, damit mehr Haushalte vom Wohngeld profitieren und entlastet werden“, heißt es im Eckpunktepapier. Darüber hinaus soll die für 2024 vorgesehenen Dynamisierung auf 2023 vorgezogen werden. Auch für Studierende und Azubis soll es für die Heizperiode 2022/23 weitere Entlastungen geben.

Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt neben diesen kurzfristig wirkenden Maßnahmen auch mittel- und langfristige vor. Sie fordert die „unverzügliche Umsetzung der im Koalitionsvertrag konkret festgelegten Mieterschutzvorhaben, um eine weitere Erhöhung der Kaltmieten abzufedern“. SPD-Sprecher Bernhard Daldrup betont: „Hier ist das zuständige FDP-geführte Justizministerium am Zug.“ So soll die Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten abgesenkt werden auf elf Prozent in drei Jahren. Die Mietpreisbremse soll bis 2029 verlängert werden, Mietverträge der letzten sieben Jahre sollen in einen qualifizierten Mietspiegel einbezogen werden. Gemeinden über 100.000 Einwohner*innen sollen außerdem einen solchen Mietspiegel überhaupt erstellen müssen – bislang ist das keine Pflicht.

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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