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Sondervermögen: „Die Bundeswehr muss sich anders aufstellen.“

Das Sondervermögen für die Bundeswehr kommt. Wofür die 100 Milliarden Euro ausgegeben werden sollen und warum das nicht auf Kosten anderer Vorhaben geht, erklären Wolfgang Hellmich und Dennis Rohde aus der SPD-Bundestagsfraktion.
von Kai Doering · 2. Juni 2022
100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr: Damit finanzieren wir notwendige Investitionen zur Ausstattung unserer Streitkräfte über den regulären Haushalt hinaus.
100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr: Damit finanzieren wir notwendige Investitionen zur Ausstattung unserer Streitkräfte über den regulären Haushalt hinaus.

Bundesregierung und Unionsfraktion haben sich auf das Sondervermögen für die Bundewehr geeinigt. Am Freitag ist es beschlossen werden. Reichen die 100 Milliarden Euro aus, um die Streitkräfte mit dem auszustatten, was sie brauchen?

Wolfgang Hellmich: Die Einigung über das Sondervermögen ist nicht nur eine wirklich gute Nachricht für die Bundeswehr, sondern vor allem für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Mit dem 100-Milliarden-Sonderfonds finanzieren wir notwendige Investitionen zur Ausstattung unserer Streitkräfte über den regulären Haushalt hinaus. Damit können nun dringend überfällige Anschaffungen schnell auf den Weg gebracht werden. Wichtige Großprojekte, wie zum Beispiel die Beschaffung des schweren Transporthubschraubers, die F 35, gepanzerte Fahrzeuge, aber auch Boote und Schiffe. Klar ist aber auch, dass für die Sicherheit Deutschlands, die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürgern der Verteidigungsetat weiter ansteigen muss, auch wenn der Fonds mit dem Sondervermögen abgeschmolzen ist.

Dennis Rohde: Wir haben deshalb fest vor, dass auch in den Jahren nach dem Sondervermögen die Bundeswehr entsprechend der Fähigkeitsziele der NATO finanziell ausgestattet wird.

Welche Investitionen sind am dringendsten?

Wolfgang Hellmich: Die Bundeswehr muss sich anders aufstellen. Nach der einseitigen Ausrichtung auf die Auslandseinsätze zur Friedensstabilisierung muss die Landes- und Bündnisverteidigung wieder in den Vordergrund rücken. Dafür sind unsere Streitkräfte auch durch jahrelanges Missmanagement eines unionsgeführten Verteidigungsministeriums nur unzureichend eingerichtet. Mit dem Sondervermögen sind wir jetzt in der Lage, den gestiegenen Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung durch den Krieg Putins besser zu begegnen.

Bedeutet das, dass nun an anderer Stelle gespart werden muss?

Dennis Rohde: Nein und das ist auch richtig so! Die 100 Milliarden Euro für dringend benötigte Mittel in die bestmögliche Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten veranschlagen wir bewusst als Sondervermögen. Das bedeutet konkret: Wir müssen nicht an anderer Stelle sparen und Mittel für Themen wie die Kindergrundsicherung, bezahlbare Mieten oder andere notwendige Zukunftsinvestitionen kürzen. Diese Mittel für soziale Vorhaben werden weiter ausreichend zur Verfügung stehen. Das Sondervermögen bringt damit unseren sozialen Kompass innerhalb finanzpolitischer Entscheidungen nicht aus dem Gleichgewicht, sondern unterstreicht diesen durch seine unabhängige Umsetzung. Innerhalb der Ampel-Koalition und mit der CDU/CSU haben wir uns auf eine Grundgesetzänderung geeinigt, die nun im Parlament abgestimmt werden soll.

Wie behält das Parlament die Kontrolle, was von den 100 Milliarden angeschafft wird?

Dennis Rohde: Es ist richtig, dass die konkrete Ausgestaltung und weitere Bewirtschaftung einer engmaschigen parlamentarischen Kontrolle durch den Bundestag unterstellt wird. Wir werden nicht nur ein Sondergremium beschließen, das die Ausgaben aus dem Sondervermögen parlamentarisch begleitet, sondern ändern im Gesetz die Bundeshaushaltsordnung so, dass künftig auch gesetzlich festgeschrieben ist, dass alle Rüstungsverträge, die mehr als 25 Millionen Euro kosten der Zustimmung des Haushaltsausschusses bedürfen.

Über das Sondervermögen hinaus soll auch das Beschaffungswesen für die Bundeswehr reformiert werden. Was muss sich da ändern?

Wolfgang Hellmich: Uns ist wichtig, dass das viele Geld zu zeitnahen und sichtbaren Ergebnissen führt. Dafür ist eine umgehende Reform des Beschaffungs- und Vergabewesens zwingend notwendig. Erste wichtige Schritte – wie die Verkürzung der Vergabeverfahrens – sind bereits in die Wege geleitet.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

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Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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