Neues Gesetz: Ataman fordert mehr Schutz gegen Diskriminierung
Kira Hofmann/photothek.de
Mehr als 8.000 Menschen haben sich im vergangenen Jahr an die Diskriminierungsstelle des Bundes gewandt, um eine Beratung anzufragen. Das berichtet die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman am Dienstagvormittag in der Bundespressekonferenz. Das ist ein neuer Rekord und zugleich ein Anstieg um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, fast doppelt so viele wie noch im Jahr 2019. „Das Thema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagt Ataman daher, die seit Mitte vergangenen Jahres Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung und auch Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist.
Schwächstes Gesetz Europas
Zugleich fordert sie einen besseren gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung. Es brauche ein wirksames und modernes Antidiskriminierungsgesetz in Deutschland. Denn aus ihrer Sicht sei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eines der schwächsten Gesetze in Europa. „Kein Land hat weniger staatliche Kompetenzen, bei Diskriminierung zu helfen als Deutschland“, betont Ataman, die auf eine gesetzliche Änderung noch in diesem Jahr hofft. Das hätten die Ampel-Parteien, von denen sie im vergangenen Jahr durch den Bundestag ins Amt gewählt wurde, ihr in Gesprächen in Aussicht gestellt.
Im Koalitionsvertrag aus dem Herbst 2021 haben sich SPD, Grüne und FDP bereits zu diesem Ziel bekannt. „Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir evaluieren, Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten“, heißt es darin. Auch haben sich die Ampel-Parteien vorgenommen, gemeinsam mit den Ländern das Netzwerk zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen gegen Diskriminierung flächendeckend auszubauen und nachhaltig zu finanzieren.
Serbien, Frankreich und Großbritannien als Vorbilder
Mit Blick auf die nun anstehende Reform des AGG erklärt Ataman: „Es gibt nicht das eine Land, bei dem ich denke: ,So sollten wir das machen.“ Serbien habe beispielsweise auf dem Papier ein sehr progressives Antidiskriminierungsgesetz, in der praktischen Umsetzung könne man sich hingegen viel von Ländern wie Großbritannien oder Frankreich abschauen. Neben der angesprochenen Gesetzesänderung will Ataman auch mehr Aufklärung schaffen. „Ich will ermutigen, sich Diskriminierung nicht gefallen zu lassen, und ich will, dass alle Menschen ihre Rechte kennen“, sagt sie. Deswegen soll im Herbst eine bundesweite Informationskampagne zu diesem Thema starten.
Im vergangenen Jahr gaben laut dem Jahresbericht, den Ataman am Dienstag vorstellte, 43 Prozent der Betroffenen an, rassistisch diskriminiert worden zu sein. In 27 Prozent der Fälle ging es um Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung, in 21 Prozent wegen des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität. Jede zehnte Anfrage bezog sich auf Benachteiligungen wegen des Alters. Ataman spricht in diesem Zusammenhang von einer „Rückkehr der Ressentiments“ und einer „nie dagewesene Welle von Hass und Hetze im Netz“. Diese würde befeuert durch Algorithmen und Trollfabriken.
Ataman zu AfD-Landrat: „Sehr viele Menschen haben gerade Angst“
Besonders deutlich wird sie, angesprochen auf den Wahlerfolg der AfD im thüringischen Sonneberg, wo am Sonntag der erste Landrat der rechtsextremen Partei gewählt wurde. Diese Wahl sei ein Tiefpunkt in der Geschichte der Bundesrepublik. „Sehr viele Menschen haben gerade Angst und machen sich Sorgen um ihre Zukunft in Deutschland“, sagt Ataman. Denn zum ersten Mal habe ein rechtsextremer Politiker Gestaltungsmacht bekommen. Das mache vielen Menschen Angst. Sie fordert: „Der politische Blick sollte sich dahin richten, diese Sorgen ernst zu nehmen, und nicht die von denjenigen, die rechtsextrem gewählt haben.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
Diskriminierung
Dieser Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 5 der Netiquette verstößt. Aus Gründen des deutschen Namensrechts werden Beiträge gelöscht, deren Autor unvollständige (nur Vor- oder Zuname), geschützte Namen oder Pseudonyme benutzt. Bitte beachten Sie die Netiquette!