Neuer Fraktionschef in Bayern: „Das ist für die SPD im Landtag sensationell“
Einstimmig wurde Holger Grießhammer am Dienstag zum neuen Vorsitzenden der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag gewählt. Im Interview sagt er, was er anders machen will als sein Vorgänger und warum er nicht Landesvorsitzender werden will.
IMAGO / Rolf Poss
Holger Grießhammer ist neuer Vorsitzender der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag.
Holger Grießhammer ist neuer Vorsitzender der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag. Die Abgeordneten wählten den 42-Jährigen am Dienstag einstimmig. Die Wahl war notwendig geworden, nachdem der bisherige Fraktionschef Florian von Brunn in der vergangenen Woche nach einem Misstrauensvotum seinen Rücktritt erklärt hatte. Grießhammer war bisher einer der fünf stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden.
Seit neun Monaten sitzen Sie für die SPD im bayerischen Landtag. Was hat Sie bewogen, nun als Fraktionsvorsitzender zu kandidieren?
Das gab es in der Vergangenheit schon einmal. Markus Rinderspacher war 2009 auch knapp ein Jahr im Landtag, als er den Fraktionsvorsitz übernommen hat. Ich wurde in den letzten Wochen immer wieder von Kollegen gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Ich habe mir das gut überlegt und bin dann dem Wunsch meiner Kolleginnen und Kollegen gefolgt.
Sie haben 16 von 16 abgegebenen Stimmen erhalten. Wie erleichtert waren Sie über das Ergebnis?
Das ist für die SPD im Landtag sensationell. Es konnte sich keiner erinnern, dass es so was schon mal gab. Wir brechen damit zu neuen Ufern auf. Auch für mich persönlich war es sehr wichtig. Das ist ein großes Zeichen der Geschlossenheit seitens der Fraktion. Ich habe das sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen. Wir sind positiv gestimmt. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich gestern gefreut.
Holger
Grießhammer
Der Untergrund muss gut vorbereitet sein, damit auch die Farbe hält.
Wie wichtig ist diese Geschlossenheit auch für die inhaltliche Arbeit im Landtag?
Wir müssen uns intern einig sein. Das ist die Grundvoraussetzung. Als Malermeister will ich mal ein Bild aus meinem Beruf wählen: Der Untergrund muss gut vorbereitet sein, damit auch die Farbe hält. Wir müssen uns in den nächsten Wochen und Monaten intern sortieren und diskutieren, wohin die Reise inhaltlich hingehen soll. Das werden wir bei der Herbstklausur vertiefen. Danach können wir auch wieder gestärkt nach außen auftreten.
Auf welche Themen wollen Sie den Schwerpunkt setzen?
Es stehen große Themen an, wenn ich an den Fachkräftemangel in der Pflege denke, aber auch die demografische Entwicklung insgesamt, die einige Herausforderungen mit sich bringt. Wir müssen Energie wieder bezahlbar machen und insbesondere Erneuerbare Energien auch sozial verträglich anbieten. Beim Thema Migration müssen wir uns sortieren und den Kurs bestimmen. Das erwarten auch unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Land. Für mich persönlich ist auch die innere Sicherheit ein wichtiges Gut. Denn wenn die innere Sicherheit nicht gewährleistet ist, bekommen wir auch keine Akzeptanz aus der Bevölkerung für eine qualifizierte Zuwanderung, aber auch nicht für die Flüchtlingssituation.
Sie sind Handwerksmeister, kommen vom Land und aus Oberfranken. Inwieweit bringen Sie damit einen anderen Blick in die Landespolitik mit?
Ich bin ein Abgeordneter vom Dorf. Die ländlichen Regionen fühlen sich oftmals abgehängt von den großen Ballungszentren. Es gibt nach wie vor strukturelle Unterschiede. Die SPD hat bei der Landtagswahl überwiegend auch in den ländlichen Räumen verloren. Die Menschen haben sich dort nicht mehr von der SPD abgeholt gefühlt. Das möchte ich wieder ändern.
Bis zur nächsten Landtagswahl 2028 dauert es noch, aber im nächsten Jahr steht die Bundestagswahl an, im Jahr darauf sind in Bayern Kommunalwahlen. Worauf kommt es bis dahin an?
Wir müssen die Reihen schließen und uns intern gut aufstellen. Das Ergebnis hat bewiesen, dass die Fraktion keineswegs gespalten ist, wie das vielleicht in der letzten Periode der Fall war. Im Vorfeld der Kommunalwahl 2026 möchte ich mich eng vernetzen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Dieser Austausch ist mir sehr wichtig.
Wollen Sie auch Landesvorsitzender werden?
Nein, das habe ich ausgeschlossen. Ich sehe meine Aufgabe hier im Landtag. Die ist groß genug und deshalb werde ich sicher nicht als Landesvorsitzender kandidieren.
Wie sehen Sie dann die künftige Aufgabenverteilung zwischen Partei und Fraktionsführung?
Wir werden eng zusammenarbeiten. Ronja Endres und ich haben das bereits verabredet. Ich denke, das wird gut. Sowohl Ronja Endres als auch die stellvertretenden Landesvorsitzenden werden im Herbst bei der Klausur dabei sein. Denn es ist wichtig, dass wir beide voneinander wissen, was auf welchen Kanälen läuft. Das wird auch gut funktionieren.
Holger
Grießhammer
Wir müssen die Reihen schließen und uns intern gut aufstellen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo