Inland

Fachkräfteeinwanderung: Wer will eigentlich nach Deutschland?

Deutschland wirbt um Fachkräfte aus dem Ausland. Doch wer will eigentlich kommen und welche Probleme gibt es aktuell für Fachkräfte? Das hat eine Studie der OECD nun untersucht.
von Jonas Jordan · 5. Dezember 2022
Die Ampel-Koalition will die Einwanderung von Fachkräften nach Deutschland gesetzlich erleichtern.
Die Ampel-Koalition will die Einwanderung von Fachkräften nach Deutschland gesetzlich erleichtern.

Angesichts des demografischen Wandels fehlen in Deutschland laut der Bundesagentur für Arbeit rund 400.000 Arbeitskräfte pro Jahr. Daher hat die Ampel-Koalition in der vergangenen Woche ein Eckpunktepapier vorgelegt, um die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland künftig zu vereinfachen. Die Hürden für qualifizierte Zuwanderer*innen sollen gesenkt werden. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf möchte die Bundesregierung im ersten Quartal 2023 in den Bundestag einbringen.

Drei Viertel mit Hochschulabschluss

Doch wie kann es Deutschland gelingen, noch attraktiver und zugänglicher für internationale Fachkräfte zu werden? Welches Potenzial bringen mögliche Interessent*innen mit (z.B. berufliche Qualifikation, Sprachkenntnisse) und welche Hürden erleben sie bei der Einwanderung nach Deutschland? Das hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nun in einer Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums untersucht. Befragt wurden zwischen Anfang August und Mitte Oktober knapp 30.000 internationale Fachkräfte, die zurzeit im Ausland wohnen, aber sich grundsätzlich für Deutschland interessieren.

Demnach steht Deutschland ein großer Pool hochmotivierter ausländischer Fachkräfte zur Verfügung. Mehr als die Hälfte der Befragten habe fest vor, nach Deutschland zu ziehen. Acht von zehn haben bereits erste Schritte unternommen. Zudem verfügen drei Viertel der Befragten nach eigenen Angaben über einen Hochschulabschluss. Fast die Hälfte gab an, in einem Mangelberuf tätig zu sein, beispielsweise im Ingenieurwesen oder als IT-Spezialist*innen.

Arbeitssuche als großes Problem

Laut der Umfrage stellt es sich für aktuell sie als größtes Problem dar, einen für sie adäquaten Job in Deutschland zu finden. So wünschten sich 80 Prozent der Befragten – unabhängig von Qualifikation und Herkunftsland – mehr Unterstützung bei der Jobsuche, referiert Anne-Sophie Senner von der OECD bei einem Online-Pressegespräch. Die Erfahrungen bei der Arbeitssuche seien durchaus sehr durchwachsen, sagt sie. „Viele wissen nicht, wo sie nach Stellen suchen oder mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern in Kontakt treten können.“

Oftmals scheine es auch ein Verständnisproblem zu geben, glaubt Senner. So seien bestehende Kanäle zur Jobsuche offensichtlich nicht bekannt genug. Zudem würden sich 70 Prozent der Befragten Visa-Erleichterungen wünschen, um zur Jobsuche nach Deutschland kommen zu können. Mit Blick auf die Sprachkenntnisse der befragten Fachkräfte weisen 80 Prozent fortgeschrittene Englisch-Kenntnisse auf, immerhin 15 Prozent verfügen bereits über fortgeschrittene Deutsch-Kenntnisse. Jedoch gaben 60 Prozent die Bereitschaft an, vor einer möglichen Einreise Deutsch lernen zu wollen. Hindernisse seien bislang zu hohe Kosten und zu wenige Angebote.

„Ja, Deutschland ist attraktiv“

„Ja, Deutschland ist attraktiv. Es gibt ein großes Potenzial an hoch qualifizierten Kräften im Ausland, die sich für Deutschland interessieren“, summiert Thomas Liebig. Er ist leitender Ökonom in der Abteilung für Internationale Migration der OECD. Die Teilnehmer*innen der Befragung brächten „ein hohes Potenzial zur nachhaltigen Integration in den deutschen Arbeitsmarkt mit“, sagt Liebig.

Lobend äußert er sich zum Eckpunkte-Papier der Bundesregierung zur Fachkräfteeinwanderung, von dem er sehr positiv überrascht sei. „Da passt viel zusammen von dem, was wir finden und was da geplant ist. Es kommt einem großen Wurf schon relativ nahe“, so die Einschätzung des Experten.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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