Afghanistan: Wie der Bundeswehr-Einsatz aufgearbeitet werden soll
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Eigentlich sollte es schon vor der Sommerpause des Bundestags losgehen. Am Ende reichte es im Parlament in der letzten Sitzungswoche aber nur noch dazu, die Enquete-Kommission zu Afghanistan einzusetzen, nicht aber, sie bei einem ersten Treffen zu konstituieren. Das wurde nun nachgeholt. Vollständig heißt sie Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“. Und genau so will sie der Kommissionsvorsitzende, der SPD-Abgeordnete Michael Müller, auch verstanden wissen.
20 Jahre Afghanistan-Einsatz in den Blick nehmen
„Wir müssen unserer Schlussfolgerungen aus Afghanistan ziehen“, sagte Müller kurz vor der Konstituierung des Gremiums am Montag. „Wie können wir uns bei künftigen Einsätzen noch besser vorbereiten?“, laute eine der Fragen, die die Enquete-Kommission beantworten wolle. „Wie gewinnen wir verlässliche Bündnispartner vor Ort?“ eine andere. Alles Fragen, die sich der Bundestag vor neuen Einsatz-Mandaten für die Bundeswehr generell stellen müsse.
In diesem Blick nach vorn sieht Michael Müller auch den größten Unterschied zum gleichzeitig arbeitenden Afghanistan-Untersuchungsausschuss. Der soll vor allem den überstürzten Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan im vergangenen Jahr und die Monate zuvor in den Blick nehmen. „Wir wollen das Zusammenspiel der Kräfte über die gesamten 20 Jahre des Einsatzes beobachten“, stellt Müller klar.
„Große Offenheit“ für Aufklärung
„Wir wollen verstehen, wir müssen es besser machen“, gibt Derya Türk-Nachbaur als Ziel aus. Sie ist die Obfrau der SPD-Fraktion und damit das Bindeglied zwischen Enquete-Kommission und SPD-Abgeordneten. „Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“, ist Türk-Nachbaur überzeugt. Gemeinsam mit Michael Müller hat sie deshalb in der vergangenen Woche die 250 deutschen Soldat*innen im Irak besucht. Fehler wie in Afghanistan sollen sich dort nicht wiederholen. Das ist das Ziel der beiden.
Dafür will die Enquete-Kommission in den kommenden Monaten Expert*innen befrage und Unterlagen auswerten. Einiges sei über die Sommerpause bereits in Ministerien angefordert worden. „Ich sehe da eine große Offenheit, zur Aufklärung beizutragen“, berichtet Michael Müller und kündigt eine ebenso transparente und offene Arbeit der Enquete-Kommission an.
Nur eines will Müller nicht versprechen: dass es schnell geht. Zwar hat der Bundestag in der Beschreibung der Enquete festgeschrieben, sie solle „spätestens im Sommer 2024“ mit ihrer Arbeit fertig sein. „Das sehe ich aber nicht“, so Müller. „Sachgerecht und angemessen“ ist aus seiner Sicht, wenn die Kommission bis Ende der Legislatur fertig wird. Das wäre im Sommer 2025.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.