Zitate von Willy Brandt: Manche sind wahr, andere Legende
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„Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Diesen Satz sagte Willy Brandt in seiner ersten Regierungserklärung eine Woche nach der Wahl zum Bundeskanzler. Er war Vision und Auftrag der sozial-liberalen Koalition zugleich. Willy Brandt auf diesen Satz zu reduzieren, wird ihm und seinem Wirken allerdings nicht gerecht.
„Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört.“
Der „vorwärts“ wollte von seinen Leserinnen und Lesern wissen, welches ihr Lieblingszitat des früheren Bundeskanzlers und langjährigen SPD-Vorsitzenden ist. Über Twitter kamen zahlreiche Antworten. Gleich zweimal wurde der Satz „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts“ genannt. Brandt sagte ihn am 3. November 1981in einer Rede zum 100-jährigen Bestehen des Verlages J.H.W. Dietz Nachf. in Bonn.
Das Lieblingszitat von vier Lesern ist Brandts Satz „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“. Wann Willy Brandt die Worte zum ersten Mal gesagt hat, dazu gibt es inzwischen Legenden. Klar ist, dass der Satz nicht am 10. November 1989 auf dem Balkon des Schöneberger Rathauses fiel, obwohl er sich im Redemanuskript findet. An Strahlkraft haben die Worte – auch 30 Jahre nach dem Mauerfall – bis heute nichts verloren.
Weitsichtig hatte sich Willy Brandt übrigens bereits am 1. Mai 1959 gezeigt. „Der Tag wird kommen, an dem das Brandenburger Tor nicht mehr an der Grenze steht“, prophezeite der damalige Regierende Bürgermeister bei der Mai-Kundgebung in West-Berlin.
„Nichts kommt von selbst und nur wenig ist von Dauer.“
Brandts Einsatz für die Ärmsten dieser Welt unterstreicht hingegen der Satz: „Die reichen Nationen werden nicht reich bleiben, wenn die Armenhäuser der Menschheit wachsen.“ Er fiel in einer Rede beim Kongress der Sozialistischen Internationale (SI) in Genf am 26. November 1976.
16 Jahre saß Brandt der SI vor und als er sich 1992 von den Genossinnen und Genossen verabschiedete (weil Brandt die Reise nach Berlin nicht mehr antreten konnte, las Hans-Jochen Vogel eine Botschaft vor) fiel ein Satz, der ebenfalls bis heute mit Willy Brandt verbunden wird: „Nichts kommt von selbst und nur wenig ist von Dauer. Darum – besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“
Willy Brandts Denken fasst ein Satz zusammen, der in seiner Dankesrede fiel, nachdem ihm im Dezember 1971 der Friedensnobelpreis verliehen worden war: „Als demokratischer Sozialist zielen mein Denken und meine Arbeit auf Veränderungen. Nicht den Menschen will ich ummodeln, weil man ihn zerstört, wenn man ihn in ein System zwängt; aber ich glaube an die Veränderbarkeit menschlicher Verhältnisse.“
„Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden.“
Gern, aber möglicherweise falsch zitieret wird Willy Brandt auch mit dem Satz „Es hat keinen Sinn eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.“ Eine Quelle, wann und wo Brandt den Satz gesagt haben soll, konnte bisher nicht gefunden worden. Klar hingegen ist, wann Willy Brandt forderte: „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“ fiel: während des Bundestagswahlkampfs am 28. April 1961 in der Bonner Beethovenhalle.
Ein Gerücht hingegen rankt sich um den Satz „Man hat sich bemüht“. Noch immer wird behauptet, er stünde auf Brandts Grabstein auf dem Waldfriedhof in Berlin-Zehlendorf. Dort allerdings finden sich nicht einmal Geburts- und Sterbedatum, sondern nur Brandts Name. Zurückzuführen ist der Satz wohl auf eine Antwort Brandts in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ im Oktober 1989 auf die Frage, was einmal auf seinem Grabstein stehe solle. Verfügt hat er das jedoch nie.
Eine Sammlung weiterer Brandt-Zitate gibt es in der Online-Biografie der Bundeskanzler-Willy-Brandt Stiftung.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.