Im Antrag heißt es, dass Medien sich immer stärker an "Skandalen, Emotionen
und Personen" orientieren. Ist die unabhängige und plurale Medienlandschaft in
Gefahr?
Die Konzentration von Medienmacht kann dazu führen, dass die
Meinungsvielfalt in Deutschland eingeschränkt wird. Der Antrag wirft dieses
Problem auf, ohne natürlich schon endgültige Antworten geben zu können. Die
eine Seite ist die Medienpolitik, die solche Entwicklungen in den Blick nehmen
muss. Die andere Seite ist die der Parteiarbeit. Der alte Satz von Johannes Rau
gilt: Wo der Rundfunk versagt, muss der Mundfunk funktionieren.
Der Antrag geht auf die veränderten Bedingungen für Mitgliederparteien ein -
Stichwort "Zeitarme". Wie kann die SPD darauf reagieren?
Die SPD muss ihre Beteiligungsangebote auch auf diejenigen ausrichten, die
nicht regelmäßig an Sitzungen teilnehmen können. Der Ortsverein und die
Arbeitsgemeinschaften werden in Zukunft weiterhin wichtige Säulen der
Parteiarbeit sein, aber wir brauchen auch andere Angebote. Diese zu entwickeln
ist eine Aufgabe des neuen Führungsteams der Partei.
Als eine der zentralen Herausforderungen für die Sozialdemokratie in den
kommenden Jahre nennt der Antrag die "Zivilisierung des Kapitalismus". Wie
kann dies geschehen?
Der Antrag spricht zum einen davon, den globalen Kapitalismus zu zivilisieren -
das ist der entscheidende Punkt. Die ökonomische Globalisierung braucht
politische Rahmensetzung. Zum anderen benennt er diese Aufgabe als
Herausforderung des Jahrhunderts. Das hört sich sehr pathetisch an, meint aber,
dass Antworten nicht in wenigen Jahren gefunden und schon gar nicht
durchgesetzt werden können.
Soziale Marktwirtschaft soll als Ordnungsmodell erhalten bleiben. Welche
Anstrengungen sind dafür nötig?
Allzu oft führen wir Debatten, als ob es um eine Entscheidung zwischen
ökonomischer Prosperität oder sozialer Gerechtigkeit ginge. Dieser Gegensatz
ist falsch. Wir müssen in unserem Land die Erkenntnis wieder stärken, dass die
Existenz von Spielregeln für marktwirtschaftliches Handeln und soziale Rechte
Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand sind und nicht ihr Hindernis sein
müssen. Wir müssen viel mehr als in der Vergangenheit wieder in die
Fähigkeiten der Menschen investieren.
Welche Elemente sind mit einer "beschäftigungsorientierten Wirtschaftspolitik"
verbunden?
Wir brauchen eine Renaissance makroökonomischen Denkens. Aber mit der
einfachen Formel "mehr Kaufkraft" ist es nicht getan. Darum sagen wir, dass eine
beschäftigungsorientierte Finanzpolitik kombiniert werden muss mit Konzepten
der Industrie- und Dienstleistungspolitik, die die spezifischen Probleme der
Wirtschaftssektoren in den Blick nehmen. Ein High-Tech-Unternehmen braucht
andere Formen der Unterstützung als das lokale Handwerk.
Interview Karsten Wiedemann
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