Geschichte

Wilhelm Dröscher: Was die SPD ihm zu verdanken hat

Obwohl er nie in höchste Staats- oder Parteiämter berufen wurde, gilt er als einer der großen Sozialdemokraten: Wilhelm Dröscher. Wer war dieser Mann, der für die SPD so wichtig war und ist?
von Lars Haferkamp · 7. Oktober 2020
Unvergessen: Wilhelm Dröscher, hier am 1. November 1976 als Landesvorsitzender der SPD Rheinland-Pfalz.
Unvergessen: Wilhelm Dröscher, hier am 1. November 1976 als Landesvorsitzender der SPD Rheinland-Pfalz.

„Wir alle müssen uns bemühen, die Politik menschlicher zu machen!“ Diese Forderung von Wilhelm Dröscher ist heute noch genau so aktuell, wie zu seinen Lebzeiten. Am 7. Oktober 1920, wird er im rheinland-pfälzischen Kirn geboren. Bis heute hat die SPD ihn nicht vergessen und ehrt sein Andenken mit der Verleihung des Wilhelm-Dröscher-Preises.

Sein plötzlicher Tod ist ein Schock

Rückblick: Für die SPD und für alle die ihn kannten, ist es ein Schock, als Wilhelm Dröscher auf dem Bundesparteitag in Hamburg am 18. November 1977 mit nur 57 Jahren plötzlich an einem Herzinfarkt stirbt – kurz vor seinem Bericht als Schatzmeister im Plenum. „Mitten in seiner Pflicht, mitten unter uns“, so Willy Brandt in einer ersten Würdigung.

Dröscher hinterlässt seine Ehefrau Lydia und sechs Kinder. Und eine trauernde SPD. „Wilhelm Dröscher hat sich aufgerieben für die Menschen dieser und der kommenden Generation“, sagt Willy Brandt bei der Beisetzung. „Wären alle hier, denen er geholfen hat, diese Stadt könnte sie an Zahl kaum in ihren Mauern beherbergen.“ Wilhelm Dröscher sei ein Mann von Konturen und Gewicht gewesen und dennoch ohne Feinde. „Er verkörperte wahres Menschentum.“

Auch der politische Gegner würdigt ihn

Das sieht auch der politische Gegner so. „Nichts war ihm lästig, nichts zuviel, wenn es galt, sich unmittelbar für seine Mitbürger einzusetzen“, würdigt ihn Bernhard Vogel (CDU), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Das Land ehrt ihn mit einem Staatsbegräbnis, der höchsten Ehre für einen Verstorbenen.

Heute, einige Jahre danach, fragen sich viele Jüngere: Wer war Wilhelm Dröscher? Nach einer kaufmännischen Lehre muss er 1939 mit 19 Jahren als Soldat am Zweiten Weltkrieg teilnehmen. Er wird mehrfach verwundet und gerät in Kriegsgefangenschaft. 1946 tritt er in die KPD ein, die er aber bald wieder verlässt, um 1949 der SPD beizutreten.

Karriere in Land, Bund und SPD

Von 1949 bis 1967 ist er Bürgermeister im rheinland-pfälzischen Kirn-Land. Hier erwirbt er sich den Ruf als „guter Mensch von Kirn“, der stets ein offenes Ohr für jede und jeden. 1970 wird Dröscher zum Landesvorsitzenden der SPD Rheinland-Pfalz gewählt. 1971 und 1975 ist er SPD-Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen, in denen er dem populären Ministerpräsidenten Helmut Kohl unterliegt. Dröscher ist in dieser Zeit Oppositionsführer im Mainzer Landtag.

Von 1957 bis 1971 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Seine Themen sind die Landwirtschafts- und Kommunalpolitik sowie die Verteidigungs- und Außenpolitik. In der Bundes-SPD spielt Dröscher eine immer wichtigere Rolle. Seit 1973 ist er Mitglied des SPD-Parteivorstands und des Präsidiums. 1975 wird er zum Schatzmeister der SPD gewählt.

Der Wilhelm-Dröscher-Preis der SPD

Außer der Bundespolitik ist ihm auch die Europapolitik wichtig: Von 1974 bis zu seinem frühen Tod hat er die Funktion des Präsidenten des Bundes Sozialdemokratischer Parteien der Europäischen Gemeinschaft inne.

Fünf Jahre nach seinem Tod ruft die SPD den Wilhelm-Dröscher-Preis ins Leben. Er zeichnet besondere Leistungen der SPD-Ortsvereine, Foren, Arbeitsgemeinschaften, Projektgruppen und SPD-Mitglieder sowie der SPD nahestehender Initiativen und Organisationen aus, die in der Tradition Dröschers stehen. Die SPD fördert so das aktive Engagement von vielen Millionen Menschen in Deutschland – in der demokratischen Gesellschaft und für sozialdemokratische Ziele und Grundsätze.

Kurt Beck: „Er war nah bei den Menschen“

Zu Dröschers 100. Geburstag würdigt ihn Kurt Beck, der Ehrenvorsitzende der SPD Rheinland-Pfalz und langjährige Ministerpräsident: „Wilhelm Dröscher verkörperte als Politiker das, was den Stil der SPD, insbesondere hier in Rheinland-Pfalz, über Jahrzehnte hinweg geprägt hat und bis heute prägt: er war nah bei den Menschen.“ Von Dröscher stamme der Satz, ein Politiker müsse für seine Mitbürger zu jeder Stunde da sein. „Er selbst füllte diesen Anspruch auf beeindruckende Art und Weise mit Leben“, so Beck.

Der rheinland-pfälzische SPD-Landesvorsitzende Roger Lewentz erkennt das Erbe Wilhelm Dröschers auch in der heutigen Arbeit der Landespartei. Dröscher habe die SPD im Land politisch und persönlich nachhaltig geprägt. „Nicht nur Rudolf Scharping übernahm als erster sozialdemokratischer Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz den überaus volksnahen Politikansatz Wilhelm Dröschers, auch die ihm Nachfolgenden Kurt Beck und Malu Dreyer standen und stehen für eine Politik sehr nah bei den Menschen.“ So sei das Erbe Wilhelm Dröschers bis heute lebendig.

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