Tagebuch eines jungen Delegierten: Müdigkeit überwinden, auf zur Erneuerung (15.11.2005)
Der Morgen nach dem Parteiabend ist geprägt von humorigen Gesprächen über die Ereignisse der Feier und dem Kampf gegen die Müdigkeit. Zu nett war es in der Schwarzwaldhalle und zu groß die
Versuchung, noch länger beim Gespräch mit anderen Genossinnen und Genossen zu stehen. Zudem bewegten wir uns, wie der Moderator der Veranstaltung hervorhob, auf historisch bedeutendem Boden, auf
dem Willy Brandt 1964 zum Parteivorsitzenden gewählt wurde. Wer nicht in die Gruppe der Bundesparteitagsgäste gehörte, die gar in Hockenheimer Hotels eingebucht worden waren, blieb so lange, dass
das Aufstehen am Morgen doch schwer fiel. Beruhigend hierbei, dass nicht nur die Gäste und Delegierten spät und müde zum Frühstück erschienen, sondern die
Funktionärsebene davon genauso betroffen war.
Zu Beginn der Vorbesprechungen und vor einem spannenden Tag der Personalentscheidungen sind die Akteure dann jedoch wieder fit und erwarten die Geschehnisse des Tages. Der Milchkaffee, der am
Sparkassenstand in Halle 1 ausgegeben wird, trägt dazu bei die Arbeitsfähigkeit der Delegierten zu erhalten.
Der Blick in die Tagespresse tut das Übrige und stimmt gut gelaunt. Denn die Signale vom Karlsruher Bundesparteitag sind positiv aufgenommen worden. Emotionaler Abschied und Dank an die
Leistungen von Gerhard Schröder, Annahme des Koalitionsvertrags und Bestärkung von Franz Münteferings Rolle im Kabinett, Aussöhnung der Strömungen nach den Ereignissen der letzten Wochen und
Einigkeit der Partei.
Die Anspannung vor dem Tag der Personalentscheidungen ist trotzdem deutlich zu spüren. Die Delegationen hoffen auf die Wahl ihrer Kandidaten. Ich hoffe auf einen Ausgleich zwischen den
Verbandsteilen und Strömungen sowie die Integration auch kleiner Landesverbände und Bezirke in den Parteivorstand. Ich hoffe zudem, dass die neue Führungsspitze der Partei gestärkt durch ein gutes
Wahlergebnis ihre Arbeit beginnen kann.
Denn nach der Rede des Parteivorsitzenden Matthias Platzeck bin ich mir sicher. Die SPD wird sich in den nächsten Jahren erneuern. Es wird gelingen, Konzepte für den Umbau des Sozialstaats zu
entwickeln, die den Anforderungen von Globalisierung und Wissensgesellschaft gerecht werden, und die Partei in diese Diskussion einzubeziehen.