Der Holocaust-Gedenktag hat in Deutschland seit 1996 einen festen Platz – bundesweit finden auch am 67. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz an zahlreichen Orten Veranstaltungen statt. Eine Übersicht
Er hat einen festen Platz im Kalender deutscher Gedenktage. Am 27. Januar wird der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz 1945 gedacht. Dieser Ort des Schreckens hat sich als Symbol für den Terror der Nationalsozialisten durchgesetzt. Seit 1996 wird am Holocaust-Gedenktag der Opfer des nationalsozialistischen Verbrecherregimes gedacht.
Im Plenarsaal des Deutschen Bundestags wird in diesem Jahr anlässlich des „Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ Marcel Reich-Ranicki die Gedenkrede halten. Im vergangenen Jahr hatte mit Zoni Weisz zum ersten Mal ein Vertreter der Sinti und Roma am Holocaust-Gedenktag im Bundestag gesprochen. Im Jahr davor war der israelische Staatspräsident Shimon Peres eingeladen, 2009 sprach der polnische Historiker Professor Feliks Tych. Im Januar 2008 war die 1916 geborene Schriftstellerin Lenka Reinerová aus Prag zu Gast, 2007 der ungarische Schriftsteller und Holocaust-Überlebende Imre Kertész.
Die Gedenkstunde im Deutschen Bundestag, an der neben den Abgeordneten auch Vertreter der Verfassungsorgane sowie junge Menschen aus Deutschland, Polen, Frankreich und anderen Ländern teilnehmen, wird von Bundestagspräsident Norbert Lammert eröffnet und ab 9.00 Uhr live im Parlamentsfernsehen, im Web-TV auf bundestag.de und auf mobilen Endgeräten in deutscher Sprache und im Web-TV auf der englischsprachigen Seite von bundestag.de in englischer Sprache übertragen.
Auch andernorts finden heute Gedenkveranstaltungen statt, nachstehend einige ausgewählte Beispiele aus Ländern und Kommunen:
Zeitzeuge und Holocaust-Überlebender
Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern gedenkt am Freitag in Schwerin der Opfer des Nationalsozialismus. Auf Einladung von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider wird der Zeitzeuge und Holocaust-Überlebende Erich Kary die Gedenkrede halten. Der 87-Jährige wurde in Angerburg (Ostpreußen) geboren und lebt heute in Ludwigslust. Die Gedenkstunde für geladene Gäste im Festsaal des Schweriner Schlosses beginnt um 11.00 Uhr.
Die Gedenksitzung des Landtags in Rheinland-Pfalz am 27. Januar ist insbesondere der Opfergruppe der Sinti und Roma gewidmet. Reden werden Jacques Delfeld und der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz. Eine Ansprache hält auch Ministerpräsident Kurt Beck.
Der rheinland-pfälzische Landtag und die Stadt Mainz haben außerdem ein Programmheft herausgegeben, in dem alle Ausstellungen und Veranstaltungen enthalten sind, die aus Anlass des Gedenktages im Januar und Februar in Mainz und in den Gedenkstätten des Landes in Osthofen und Hinzert an das Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus erinnern.
Der baden-württembergische Landtag in Stuttgart erinnert mit einer zentralen Gedenkfeier am 27. Januar an die Opfer des Nationalsozialismus. Die Veranstaltung beginnt um 11.00 Uhr im Plenarsaal des Landtags. Kurz vorher, um 10.45, wird eine kurze Gedenkveranstaltung von Landtagspräsident Guido Wolf gemeinsam mit Vertretern von Opferorganisationen vor dem Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft zwischen dem Alten Schloss und dem Karlsplatz stattfinden.
Mit einer Veranstaltung an der Stele am Krematorium Ostfriedhof, St.-Martins-Platz 1, in München erinnern die Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten, die SPD und die Jusos München um am Holocaust-Gedenktag an die Opfer und Verfolgten des Nationalsozialismus.
Lichterkette gegen Antisemitismus und Rassismus
In der Stadt Nürnberg in Mittelfranken erinnert um 19.30 Uhr eine zentrale Gedenkfeier in der Reformations-Gedächtnis-Kirche am Berliner Platz, zu der das evangelische Dekanat Nürnberg mit der Israelitischen Kultusgemeinde, der katholischen Stadtkirche und der Stadt Nürnberg Bürgerinnen und Bürger einlädt, an den Holocaust-Gedenktag.
Zum Gedenken an die Opfer des Holocaust findet in Berlin anlässlich des 67. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Ausschwitz durch die sowjetischen Truppen am 27. Januar zum 14. Mal die Pankower Lichterkette gegen Antisemitismus und Rassismus statt. Bürgerinnen und Bürger können sich ab 18 Uhr mit Kerzen an der Lichterkette beteiligen, die vom Stadtteilzentrum in der Schönholzer Straße 10 (ehemalige Synagoge) bis zur Pankower Kirche in der Breite Straße reichen soll. Im Anschluss gibt es in der Kirche Alt- Pankow „ Zu den vier Evangelisten“ ein Konzert mit jüdischer Musik.
Die SPD Steglitz-Zehlendorf führt am Mahnmal auf dem Gelände des ehemaligen Außenlagers des Konzentrationslagers Sachsenhausen, Eugen-Kleine-Brücke ,
Wismarer Straße, eine Gedenkveranstaltung durch.
Veranstaltungen und Aktionen am 27. Januar finden auch in der Zwickauer Region statt, so vom Bündnis für Demokratie und Toleranz. Das ganztägige Programm beinhaltet Vorträge über „Zwangssterilisation und Euthanasie während des Nationalsozialismus“, eine Kranzniederlegung am Gedenkstein Schloss Osterstein, das Gedenken an den Stolpersteinen in der Leipziger Straße, wobei auch die Schicksale der betroffenen Familien thematisiert werden, sowie ein stilles Gedenken am Gedenkstein für die Opfer der Zwangssterilisation und Euthanasie am „Haus Muldenblick“ in der Talstraße.
Das vergessene Lager
Der IG Metall Wohnbezirk Boldecker Land, der SPD Ortsverein und die Jugendpflege des Boldecker Landes veranstalten am 27. Januar eine Lesung unter dem ungewöhnlichen Titel „Von Zitronen und rechter Gewalt“. Der Titel spielt auf den Lagerteil „Kanada“ im Vernichtungslager Birkenau an, in dem die geraubten Effekten der Ermordeten gesammelt und für den Versand in das Deutsche Reich vorbereitet wurden. „Zitronen aus Kanada“ ist auch der Titel eines Buches von Stanislaw Hantz, der von August 1940 bis April 1945 unter anderem auch in Auschwitz gefangen war.
Die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert ehrt alljährlich die Opfer der NS-Gewaltherrschaft mit einer Veranstaltung an einem Erinnerungsort ihres Wahlkreises Tempelhof-Schöneberg. Am 29. Januar findet das Gedenken an die Opfer des KZ Columbia Hauses, eines weitgehend vergessenen „Lagers“ statt. Im KZ Columbia-Haus wurden von 1935 bis 1936 Gegner des Nazi-Regimes gefangen gehalten, gefoltert und ermordet.