Die SPD steht am Beginn einer Großen Koalition. Wie zu erwarten war, enthält der Koalitionsvertrag manches Licht aber eben auch manchen Schatten. Klar ist aber auch: Die Große Koalition muss
ein Erfolg werden. Die Menschen im Land erwarten nichts weniger als Lösungen für ihre dringendsten Probleme. Auch deshalb ist die Große Koalition zum Erfolg verdammt: Scheitert sie, schwindet das
Vertrauen der Bevölkerung in die demokratischen Institutionen weiter. Die Große Koalition muss Beschäftigungsperspektiven schaffen und darf die Konsolidierung des Haushaltes nicht als Selbstzweck
begreifen. Die spürbare Absenkung der Arbeitslosigkeit steht im Zentrum sozialdemokratischer Politik. Eine makroökonomisch orientierte Politik muss Wachstum schaffen, Innovationen fördern und die
Bildungschancen junger Menschen deutlich steigern.
Das alles geht nur mit einem finanziell handlungsfähigen Staat, der Perspektiven für die Menschen eröffnet und sozialen Aufstieg für alle möglich macht. Spitzenverdiener und hohe Vermögen
müssen dafür ihren Beitrag leisten.Die Partei muss wollen, dass die Große Koalition erfolgreich arbeitet. Dabei muss sie ihre eigenen Anliegen soweit wie möglich durchsetzen. Sie muss sich bewusst
sein, dass sich sozialdemokratische Politik politisch und historisch niemals in einer solchen Koalition erschöpfen darf. Die SPD steht vor der Aufgabe, die Regierungspolitik in der Großen Koalition
mit ihrer eigenen Erneuerung und Weiterentwicklung zu verbinden.
Die SPD braucht
l eine neue Dialogfähigkeit. In einer Großen Koalition ist dialogische Vermittlungsarbeit nach innen und außen wichtiger denn je.
l eine neue Diskursfähigkeit. Es geht um die politische Meinungsbildung in den Medien, den Organisationen und Verbänden sowie im Lebensalltag. Wir wollen die Zukunftsdebatten über die
Aufgaben unserer Zeit nicht nur führen, wir wollen sie anführen. Die Debatte um die Bürgerversicherung hat uns gezeigt, wie erfolgreich wir die Partei für ihre Projekte mobilisieren können.
l eine programmatische Weiterentwicklung und Antworten auf die Widersprüche unserer Zeit. Die Grundsatzprogrammdebatte müssen wir von oben fördern und von unten wachsen lassen. Neue
politische Grundlagen schaffen wir nur, wenn alle teilhaben können.
l eine neue Generation, die eine Vielfalt an Erfahrungen und Denkweisen mit sich bringt, die auf einer stabilen gemeinsamen Basis Politik macht und die Gemeinsamkeiten stärker gewichtet als
die Differenzen. In den Kommunen wird diese Kooperation bereits in Parlamenten und Gremien täglich gelebt. Neuer Wind macht uns stark, bewährte Kraft härtet den sozialen Kitt der Partei.
l eine stärkere Einbeziehung der Kommunalpolitik in die Programmatik der Partei. Gerade die Ereignisse in Frankreich zeigen, wie wichtig es als Partei ist, auf kommunaler Ebene die soziale
Integration zu fördern. Unsere Gesellschaft wird vor Ort zusammengehalten.
Im Mittelpunkt muss die Zukunft des deutschen und damit auch des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells stehen. Die SPD braucht Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Diese müssen über
die Tagespolitik und das aktuelle Regierungshandeln hinausreichen. Pragmatismus im Regierungshandeln einerseits und Mut und Fähigkeit zum visionären Denken sind kein Widerspruch. Die Kombination
ist vielmehr nötig, um den Anspruch auf Gestaltung praktisch umsetzen zu können.
Es geht darum, die Globalisierung sozial zu gestalten. Der Mensch und nicht die Wirtschaft stehen im Mittelpunkt. Wir brauchen eine starke und innovationsfähige Wirtschaft, die aber verbunden
werden muss mit sozialer Gerechtigkeit. Ein funktionsfähiger und gut ausgestatteter Sozialstaat darf nicht als unbezahlbares Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung begriffen werden, sondern
ist Voraussetzung und Folge internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Dies erfordert zunächst die nationalen wirtschafts- und sozialpolitischen.
Handlungsmöglichkeiten jenseits neoliberaler Dogmen konsequent auszuschöpfen. Gleichzeitig müssen die Initiativen auf der Ebene der EU international abgesichert werden. Der neoliberal
geprägte europäische Wachstums- und Stabilitätspakt darf nicht zur maßgeblichen Richtschnur deutscher Wirtschafts- und Finanzpolitik werden.
Um dies durchzusetzen brauchen wir einen gesellschaftlichen Diskurs als Alternative zum verblassenden Zeitgeist des Neoliberalismus. Weder die bedingungslose Anpassung an vermeintliche
Sachzwänge der Globalisierung, wie sie uns von den meisten Medien gepredigt wird, ist die Antwort auf die Fragen unserer Zeit, noch das Einbunkern in einer vermeintlich 'guten alten Zeit'
nationaler Grenzen. Dagegen müssen wir eigene Konzepte setzen und gemeinsam mit Partnern aus den Gewerkschaften, aus der Wissenschaft und aus der Kultur entwickeln.
Die SPD sollte als Partei nicht am Rande der Großen Koalition stehen, sondern muss deren Schrittmacher und Richtungsgeber sein. Wir wollen als stärkste Kraft aus dieser Koalition hervorgehen.
Deshalb ist es die Aufgabe der SPD, damit zu beginnen, eine Mehrheit 2009 inhaltlich und organisatorisch vorzubereiten. Der geschlossene Koalitionsvertrag ist deshalb auch ein Gestaltungsauftrag.
Linke in Partei und Fraktion
Mit zirka 100 Sympathisanten ist die "Parlamentarische Linke (PL)" die stärkste Gruppierung innerhalb der SPD-Fraktion im Bundestag. Sie ging aus dem "Leverkusener Kreis" hervor, der Mitte
der 70er Jahre von SPD-Abgeordneten wie Norbert Gansel, Franz Müntefering und Karsten Voigt gegründet wurde. "PL" und "Seeheimer Kreis" werden gemeinhin als linker und rechter "Flügel" der
SPD-Fraktion bezeichnet. Aktuelle politische Fragen in Fraktion und Parlament diskutieren die Mitglieder der "PL" während des wöchentlichen Mittagstisches. Außerhalb des Bundestages wird die "PL"
durch den Verein "Forum Demokratische Linke 21 (DL 21)" vertreten. Der Verein ging vor einigen Jahren aus dem "Frankfurter Kreis" hervor, der bis dahin als "Dachorganisation" der Parteilinken
fungierte. Programmatisch setzen sich "PL" und "DL 21" für eine Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft hin zu einer sozial-ökologischen Wirtschaftsordnung ein. Diskussionsveranstaltungen gibt es
in Berlin und auf Ebene der verschiedenen Landesgruppen. Zu den prominenten Köpfen der "Parlamentarischen Linke" gehören SPD-Fraktionsvize Michael Müller und Andrea Nahles. Sie ist auch Vorsitzende
der "DL 21".
www.parlamentariche-linke.de
www.forum-dl21.de/
0
Kommentare
Noch keine Kommentare