Jean Jaurès war der Vater der französischen Sozialdemokratie.
1859 geboren, studierte Jean Jaurès Philosophie an der Ecole Normale Supérieure in Paris und wurde Professor in Toulouse. Dort trat er in die Politik ein, zunächst als unabhängiger
Abgeordneter in der Nationalversammlung. Geprägt vom Bergarbeiterstreik in seiner Region schloss er sich 1892 der sozialistischen Arbeiterbewegung an. Im Parlament forderte er die Rehabilitation
des zu Unrecht wegen Spionage verurteilten jüdischen Offiziers Alfred Dreyfus. Entsprechend der Aufforderung der "Zweiten Internationale" schaffte es Jaurès 1905, die gesamte Linke Frankreichs zur
französischen Sektion der Arbeiter-Internationale (SFIO) zu vereinen.
Jaurès war ein überzeugter, dank seiner beeindruckenden Rhetorik auch überzeugender Pazifist. Er plädierte gegen Kolonien und für die Verständigung mit Deutschland. Bis zum Schluss kämpfte er
gegen die Kriegsvorbereitungen. "Man macht nicht den Krieg, um einen Krieg zu vermeiden", erklärte er. Doch nach dem großen Wahlerfolg der SFIO 1914 wurde Jaurès von einem nationalistischen
Fanatiker in Paris ermordet. Einige Wochen später befand sich Europa im Krieg.
Von Pierre Aliche-Meyníer
Quelle: vorwärts 6/2005