Hans Böckler: Engagierte Gewerkschafter und Vater der Mitbestimmung.
Über Ehrenämter in der Gewerkschaft und der Kommunalpolitik wurde er im Jahr 1903 hauptamtlicher DMV-Funktionär und arbeitete ab 1920 für den Verband in Köln, wo er von 1924 bis 1928 Stadtrat
war. 1927 wurde er Chef des sozialdemokratischen Gewerkschaftsdachverbandes ADGB im Bezirk Rheinland-Westfalen. Von 1928 bis 1933 setzte er sich als Reichstagsabgeordneter der SPD für
gewerkschaftliche Interessen ein. Nach "Schutzhaft", innerer Emigration und Kontakten zum Widerstand begann 1945 sein Aufstieg zum unumstrittenen Führer der neu gegründeten Einheitsgewerkschaften:
Im Oktober 1949 wurde er Vorsitzender des DGB der Bundesrepublik Deutschland. Böckler bestand auf der parteipolitischen Unabhängigkeit der Gewerkschaften und forderte zugleich, dass sie in der
Wirtschaft "als völlig gleichberechtigt" vertreten sind. Mit der Mobilisierung der Arbeitnehmer und Streikbereitschaft gelang es ihm, Adenauer die paritätische Mitbestimmung in der Montanindustrie
abzutrotzen. Den Triumph, die Verabschiedung des Mitbestimmungsgesetzes, erlebte Hans Böckler nicht mehr. Er starb am 16. Februar 1951 in Köln.
Horst Heimann
Mehr Informationen über Hans Böckler:
Hans-Böckler-Stiftung
Kapitalismus unter Aufsicht
Vor 55 Jahren beschloss der Bundestag das Mitbestimmungsgesetz in der Montanindustrie - ein Teilerfolg der Arbeiterbewegung.
Von Horst Heimann
Das Gesetz über die paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Montanindustrie, das am 10. April 1951 mit großer Mehrheit im Bundestag angenommen wurde, war nicht irgendeines unter
vielen. Es stellte die Weichen für ein demokratisches Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Starke und kampfbereite Gewerkschaften hatten es gegen den Widerstand der Wirtschaft und der
CDU-geführten Bundesregierung durchgesetzt.
Die Ausdehnung der Demokratie über die staatliche Ordnung hinaus auf Wirtschaft und Gesellschaft zählte von Anfang an zu den gesellschaftsverändernden Zielen der SPD und ihrer Gewerkschaften.
Beide forderten die "Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum" und "die Mitbestimmung der organisierten Arbeitnehmer". Der Wahlsieg der bürgerlichen Parteien nach Gründung der
Bundesrepublik 1949 verhinderte zwar die "Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum". Dennoch wurde der Beitrag der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften beim Wiederaufbau der Wirtschaft
allgemein anerkannt und geschätzt.
Anfang 1947 boten die Arbeitgeber sogar die paritätische Mitbestimmung an. Von der britischen Militärregierung wurde diese im März 1947 in ihrer Zone in der Eisen- und Stahlindustrie
eingeführt. Obwohl die CDU in ihrem Ahlener Programm von 1947 die ,,Vergesellschaftung der Bergwerke" gefordert hatte, wollte die CDU-geführte Bundesregierung unter Adenauer die paritätische
Mitbestimmung 1950 wieder abschaffen. Dieser Rückschritt konnte verhindert werden, weil die Gewerkschaften erfolgreich dagegen mobilisierten: Im Dezember 1950 und Januar 1951 votierten in
Urabstimmungen 96 Prozent der Arbeitnehmer in der Eisen- und Stahlindustrie und 92 Prozent im Bergbau für Kampfmaßnahmen zur Verteidigung und Ausweitung der paritätischen Mitbestimmung.
So gelang es dem DGB-Vorsitzenden Hans Böckler, in zähen Verhandlungen Adenauer im Januar 1952 einen Kompromiss abzuringen: Die paritätische Mitbestimmung in der Eisen- und Stahlindustrie
bleibt erhalten, wird aber nur auf den Bergbau ausgedehnt, jedoch nicht auf die gesamte Wirtschaft. In allen Unternehmen der Montanindustrie mit mehr als 1000 Beschäftigten besteht der Aufsichtsrat
je zur Hälfte, also paritätisch, aus Vertretern des Kapitals und der Arbeitnehmer. Ein weiteres neutrales Mitglied, dessen Stimme bei Stimmengleichheit entscheidend ist, kann nur mit Zustimmung
sowohl der Kapital- als auch der Arbeitnehmerseite bestimmt werden.