In jedem Jahr am 12. August wird im italienischen Dorf Sant’Anna di Stazzema an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnert. Hunderte hatten am 12. August 1944 in dem kleinen Bergdorf Zuflucht gesucht. Die 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS“ trieb sie zusammen, warf Granaten auf sie. Sie rottete das Dorf aus und verbrannte die Häuser. 560 Tote fanden die Amerikaner zwei Tage später, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Es ist das schlimmste Massaker, das die Deutschen in Italien verübten.
Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments, ist sich der historischen Verantwortung als Deutscher und als Europäer bewusst. Deshalb steigt er in diesem Jahr den steilen Pfad in das hoch gelegene Bergdorf hinauf. „Hier, in Sant’Anna di Stazzema, erinnern wir uns an die düstersten Stunden unseres Kontinents“, sagt Schulz. „Aus diesen dunklen Stunden heraus sind aber auch die Werte und die Freiheit Europas erwachsen. Und die müssen wir künftigen Generationen weitervermitteln.“
Deutsche Jugendgruppen teilen dieses Engagement gegen das Vergessen. Sie kommen regelmäßig zu den Gedenkveranstaltungen in dem italienischen Bergdorf. In diesem Jahr haben sich die Regensburger „Falken“ an den Vorbereitungen beteiligt.
Dass dieses NS-Kriegsverbrechen aufgeklärt wurde, ist nicht zuletzt der Journalistin Christiane Kohl zu verdanken. Sie ist heute Ehrenbürgerin von Sant’Anna di Stazzema. Damit nie wieder ein Mantel des Schweigens über das Verbrechen gebreitet wird, hat das Essener Musiker-Ehepaar Westermann Spenden gesammelt, um die zerstörte Kirchenorgel wiederherzustellen. Vor fünf Jahren wurde sie eingeweiht. Ein deutsch-italienischer Verein „Freunde der Friedensorgel“ entstand und Musiker aus ganz Europa geben im Juli und August jeden Sonntag Konzerte.