Geschichte

Gauck würdigt Rolle der Gewerkschaften

von Carl-Friedrich Höck · 3. Mai 2013

Mit einer Gedenkfeier haben der DGB und die Hans-Böckler-Stiftung an die Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nazis erinnert. Bundespräsident Gauck lobte: Die Gewerkschaften seien ein zentraler Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands.

Hunderte Gäste, darunter viele Spitzenpolitiker der SPD, gedachten am Donnerstag in Berlin der Ereignisse vor 80 Jahren. Am 2. Mai 1933 stürmten SA- und SS-Truppen die Gebäude der Gewerkschaften. Die Funktionäre wurden verhaftet, viele von ihnen starben später in Konzentrationslagern. Der Tag markierte das Ende der freien Gewerkschaften in Deutschland.

Die Nationalsozialisten „wollten die Gewerkschaften vernichten und alle, die sie trugen sowie die Ideen, für die sie standen“ sagte DGB-Chef Michael Sommer in seiner Gedenkrede. An die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung erinnernd rief er: „Wir danken ihnen für ihren Widerstand.“ Ihnen verdankten die Gewerkschaften ihr Bekenntnis zur Freiheit.

Bundespräsident Joachim Gauck lobte die Rolle der Gewerkschaften. Wo sie sind, da würden „Demokratie und Freiheit sozial verhandelte Wirklichkeit“, sagte er. Die Gedenkveranstaltung erinnere ihn daran, „wozu es sich lohnt, zu kämpfen.“

Falsche Hoffnungen

Dennoch beurteilte Gauck das Verhalten der Arbeiterorganisationen 1933 zwiespältig. Die Gewerkschaften seien damals nicht nur durch die Wirtschaftskrise gebeutelt worden, sondern hätten sich auch durch Richtungskämpfe selbst geschwächt. Einige Gewerkschafter seien auch der nationalsozialistischen Vision einer Volksgemeinschaft verfallen, da die Nazis die Überwindung der Klassengesellschaft propagiert hätten.

Gauck kritisierte: Nachdem die Nazis an die Macht kamen, hätten viele Gewerkschafter gehofft, sie könnten ihre Organisationen retten gegen die Preisgabe ihrer Ideen. Viele hätten sich blenden lassen, als Hitler den 1. Mai als „Tag der nationalen Arbeit“ zum Feiertag erklärte. „Einen Tag später nahmen sie die Gewerkschafter in Haft.“

Die Anpassung an das NS-Regime habe es den Nazis erleichtert, die Gewerkschaften zu zerschlagen, resümierte Gauck. Seine Lehre: „Anpassung ist politischer Selbstmord und beraubt den Menschen seiner politischen Selbstachtung.“

Gauck ehrt „Märtyrer und Kämpfer“

„Überall gab es Überzeugungstäter, aber es fanden sich auch überall Opportunisten und solche, die Aufbegehrten“, sagt Gauck. Letztere hätten Freiheit und Leben geopfert. Dann bat er die Gäste, sich „zu Ehren dieser Märtyrer und Kämpfer“ zu erheben.

Nach dem Ende der Nazi-Herrschaft wurden die Gewerkschaften in der Bundesrepublik neu aufgebaut. Als Lehre aus dem Scheitern 1933 fanden sich viele von ihnen unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zusammen, um als Einheit aufzutreten.

Die Arbeit der Gewerkschaften sei ein wesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands, sagte Gauck. Deutschland brauche die Mitbestimmung in Unternehmen. „Ich danke jedem Einzelnen, der sich diesem Ziel verpflichtet fühlt.“

Gewerkschaften als Mittler für Zugewanderte?

Die Gewerkschaften hätten sich der Solidarität verschrieben, betonte Gauck. Sie könnten auch ein Mittler sein, um Zugewanderte in die Gesellschaft einzubeziehen.

Zum Ende seiner Rede blickte Gauck über Deutschland hinaus. In vielen Ländern seien Arbeitnehmer noch ohne Schutz und ohne Vertretung. Er erinnerte an die mehr als 400  Menschen, die vor einer Woche bei dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch ums Leben kamen. „Lassen Sie uns auch international zu dem stehen, was die Auseinandersetzung hierzulande prägt“, rief Gauck den Gästen zu.

„Die Aktivposten der Demokratie müssen immer wir selbst sein“, betonte Gauck. „Wir haben es doch gelernt: Wir sind zuständig.

Autor*in
Avatar
Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare