Feierstunde der Berliner SPD: 70 Jahre Kampf für Freiheit und Demokratie
Genau siebzig Jahre ist das Treffen her. Am 7. April 1946 hatten sich die Delegierten der Berliner SPD in der Aula der Zinnowaldschule, die damals noch als Krankenhaus genutzt wurde, im Stadtteil Zehlendorf zu ihrem 2. Bezirksparteitag getroffen. Er stand unter einem besonderen Stern. Wenige Tage zuvor hatten sich die Mitglieder der Berliner SPD in einer Urabstimmung mehrheitlich gegen ein Zusammengehen mit der KPD ausgesprochen. Damit stellten sich die Berliner SPD-Mitglieder gegen den Kurs des von Otto Grotewohl geführten Zentralausschuss der SPD, der die „Verschmelzung“ befürwortet hatte.
Die sozialdemokratischen Grundwerte mit neuem Leben gefüllt
„An diesem Tag“, so der SPD-Landesvorsitzende Stöß in seiner Rede, „sollten wir nicht das Schicksal tausender Sozialdemokraten in der Sowjetischen Besatzungszone vergessen, die sich dem so genannten Vereinigungsparteitag im Admiralspalast am 22. April 1946 widersetzten. Erich Ollenhauer sprach von 20.000 Genossinnen und Genossen, die gemaßregelt, verhaftet wurden und sogar den Tod fanden.“
„In diesem Saal“, so der SPD-Abteilungsvorsitzende Rainer Iloff, „haben am 7. April vor genau 70 Jahren unsere SPD-Persönlichkeiten nach dem 2. Weltkrieg die sozialdemokratischen Werte Frieden und Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit sowie solidarisches Handeln ausgerufen und mit neuem Leben gefüllt.“ Gudrun Mojem, Schulleiterin der Zinnowwaldschule, wies in ihrer Begrüßung auf die Gedenktafel hin, die am Eingang der Schule an diesen Tag erinnere und die Verpflichtung zum demokratischen Handeln, das sich daraus ableite.
Ein ungleicher Wahlkampf zwischen SPD und KPD
Christoph Ehmann beschrieb in seinem Vortrag die Vorgänge im Detail – von der Wiedergründung der SPD am 17. Juni 1945 über die zunehmenden Auseinandersetzungen mit der von Stalin gesteuerten KPD. Während die KPD, so Ehmann, zum Beispiel über 40 Autos und zwei Flugzeuge verfügte, um den organisatorischen Aufbau voranzutreiben, hatte die SPD nur fünf alte PKW und bekam oft kein Benzin und keine Reisegenehmigung. Trotz aller Benachteiligungen wuchs die SPD.
Nach der Wahlniederlage der Kommunisten in Österreich allerdings übten die KPD und die sowjetische Administration Druck aus, um die SPD zur „Verschmelzung“ zu bewegen. Der Zentralausschuss unter Otto Grotewohl gab dem Druck schließlich nach. Ehmann schilderte, wie führende Sozialdemokraten auch persönlich bedroht wurden. In Berlin wurde gegen den Widerstand des Zentralausschusses dennoch eine Urabstimmung durchgesetzt, bei der die SPD-Mitglieder sich gegen eine schnelle Vereinigung mit der KPD, aber für eine Zusammenarbeit aussprachen.
Die SPD gewann den Rückhalt der Berliner Bevölkerung
Auf dem Bezirksparteitag der Berliner SPD in der Zinnowwaldschule wählten die Vereinigungsgegner einen neuen Vorstand, der für die Selbstbehauptung der SPD stand. Die westlichen Alliierten einigten sich zwei Monate später mit der sowjetischen Administration auf den Kompromiss, der SPD wie der aus der Zwangsvereinigung hervorgegangenen SED jeweils die Betätigung in ganz Berlin zu ermöglichen. Mit ihrem Kampf für Freiheit und Demokratie gewann die SPD den Rückhalt in der Bevölkerung, so Ehmann.
Bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung am 20. Oktober 1946 wurde der Kurs der SPD eindrucksvoll bestätigt. Mit 48,7 Prozent gewann sie die Wahl vor der CDU (22,2), der SED (19,8) und der LDP (9,3). Bis in die siebziger Jahre, so Ehmann, konnte sich die Berliner SPD dieses Vertrauen erhalten.
Lesen Sie hier das Protokoll des Parteitags in der Zinnowwaldsschule im Wortlaut.