Der Tod Eberts und der Anfang vom Ende der Weimarer Republik
Es ist ein Schock für die SPD und für alle Demokrat*innen Deutschlands: Am 28. Februar 1925 stirbt völlig überraschend der Reichspräsident der Weimarer Republik Friedrich Ebert, mit nur 54 Jahren. Der Sozialdemokrat gilt als Vater der deutschen Demokratie. Er verteidigt sie mutig und entschlossen gegen alle Feind*innen: von rechts und von links, von innen und von außen.
Sein Tod gilt – zumindest mittelbar – auch als eine Folge seines Kampfes gegen die Feind*innen der Demokratie. Denn statt sich einer dringend nötigen Blinddarmoperation zu unterziehen, verschiebt Ebert diese immer wieder, um sich gegen den Vorwurf des Landesverrats zu verteidigen. Ein Journalist wirft ihm 1924 öffentlich vor, durch sein Verhalten 1918 die Niederlage des Kaiserreiches im Ersten Weltkrieg mitverursacht zu haben. Der Vorwurf entspricht ziemlich genau der Dolchstoßlegende der rechten Demokratiefeind*innen, wonach Deutschland nicht militärisch besiegt worden sei, sondern durch die Revolution im Innern. Ein Magdeburger Gericht entscheidet im Dezember 1924, der Vorwurf des Landesverrates gegen den Reichspräsidenten sei berechtigt. Das Urteil zeigt, dass die alten Eliten des Kaiserreichs nicht nur im Militär und der Verwaltung sondern auch in der Justiz immer noch schalten und walten und der Demokratie und ihren Repräsentant*innen schaden, wo sie nur können.
Auf Ebert folgt Hindenburg
Als sich Friedrich Ebert im Februar 1925 dem lange verschobenen Eingriff in Berlin unterzieht, ist es zu spät: Wenige Tage später erliegt er der durch einen Blinddarmdurchbruch ausgelösten Entzündung. Die Republik ist geschockt, ihre Feind*innen reiben sich heimlich die Hände. Mit Ebert verliert die noch junge Demokratie einen ihrer stärksten Unterstützer*innen. Mit dem Tod des sozialdemokratischen Präsidenten sehen nicht wenige Historiker*innen den Anfang vom Ende der Weimarer Republik am Horizont erscheinen.
Denn bei den nun folgenden Präsidentenwahlen kommt kein Demokrat in das höchste Staatsamt. Es siegt Paul von Hindenburg, der ehemalige kaiserliche Generalfeldmarschall, prominentester Anhänger der Dolchstoßlegende. Hindenburg ist Anhänger der Monarchie, nicht der Demokratie. Er wird 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler ernennen und den Nationalsozialisten den Weg in ihre Diktatur ebnen.
Wäre die Geschichte anders verlaufen?
So fragen sich bis heute die Historiker*innen: Wie wäre die Geschichte Deutschlands verlaufen, wäre Friedrich Ebert nicht so früh gestorben, sondern im Amt geblieben? Hätte er den Aufstieg – zumindest aber die Machtübernahme der Nationalsozialisten – verhindern können? Er hätte ihr, so viel ist sicher, zumindest nicht tatenlos zugesehen, beziehungsweise sie am Ende erst ermöglicht, so wie es sein Amtsnachfolger Paul von Hindenburg getan hat.
Der Aufstieg Friedrich Eberts beginnt im vordemokratischen Kaiserreich. 1912 wird er in den Reichstag und in den Fraktionsvorstand der SPD gewählt. 1913 wird er – nach dem Tod August Bebels – dessen Nachfolger als Co-Vorsitzender der Partei. Seine große Stunde kommt im Jahr 1918. Als sich die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg nicht mehr verheimlichen lässt und die alten Eliten das sinkende Schiff verlassen, übernimmt Ebert Verantwortung. Er wird Reichskanzler, setzt die Abdankung des Kaisers durch und ruft Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung aus. Die SPD wird 1919 bei diesen Wahlen stärkste Partei, Ebert zum ersten Reichspräsidenten gewählt.
Feind*innen der Republik von rechts und links
Er bekämpft mit Erfolg die zahlreichen Feind*innen der jungen Demokratie. 1918 den sogenannten Spartakus-Aufstand der Kommunisten, 1920 den Kapp-Putsch der Monarchist*innen und Militarist*innen. Das macht ihn zum meist gehassten Mann aller Demokratiefeind*innen, von links wie von rechts.
So ist seine Präsidentschaft von Beginn an gekennzeichnet durch hetzerische und verleumderische Anwürfe, von nationalsozialistischen, deutschnationalen und kommunistischen Politiker*innen und Publizist*innen. Dazu gehört etwa die Veröffentlichung eines Fotos des Präsidenten in Badehose, das einen riesigen Skandal verursacht. Der Schriftsteller Joseph Roth analysiert treffend: „Ebert in Badehose wurde das wirkungsvollste, weil pöbelhafteste Argument gegen die Republik.“
Junge Republik in der Dauerkrise
Politisch ist die Weimarer Republik von Beginn an in schwerem Fahrwasser. Das zeigt besonders das Krisenjahr 1923. Die Inflation springt auf Rekordhöhe, die Alliierten marschieren wegen ausstehender Reparationszahlungen ins Ruhrgebiet ein, in Sachsen und Thüringen übernimmt die KPD Regierungsverantwortung, in Bayern versuchen Hitler und Ludendorff zu putschen, in Berlin löst eine Reichsregierung die nächste ab. Einer der wenigen Stabilitätsanker in diesem Chaos ist Reichspräsident Friedrich Ebert. Ihm gelingt das schier unmögliche: Er rettet die Demokratie und führt die Republik zu Ruhe und Stabilität, bis zu seinem Tod.
In der SPD ist das Andenken an Friedrich Ebert bis heute lebendig. Da ist die der SPD nahestehende Friedrich-Ebert-Stiftung, die vom Verstorbenen selbst in seinem Testament angeregt wurde und bereits wenige Wochen nach seinem Tod im Märt 1925 gegründet wurde. Da sind zahlreiche Schulen, Plätze und Straßen in Deutschland, die seinen Namen tragen. Und da ist – um nur ein kleines Detail zu nennen – seine Büste, die heute im Amtszimmer von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Berliner Schloss Bellevue steht.
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