Geschichte

Der "rote Zar" im "demokratischen Bollwerk" Preußen

von Die Redaktion · 5. Dezember 2005
placeholder

Wie viele Führer der Arbeiterbewegung begann der Handwerker Otto Braun seinen Aufstieg in hohe politisch Ämter in Parteifunktionen als Journalist und Kommunalpolitiker: 1893 war er Herausgeber und Redakteur der "Volkstribüne", 1902 Stadtverordneter in Königsberg, 1911 Mitglied im Parteivorstand, 1913, trotz des Dreiklassenwahlrechts, Mitglied im preußischen Abgeordnetenhaus, nach der Novemberrevolution 1918 Abgeordneter im preußischen Landtag, in der Nationalversammlung und im Reichstag.

Von historischer Bedeutung für die Weimarer Republik war seine erfolgreiche Politik als Ministerpräsident Preußens von 1920 bis 1932. Als "roter Zar" ging er in die Geschichte ein.

Im Unterschied zur instabilen Entwicklung im Reich mit häufig wechselnden Regierungen und Krisen wurde Preußen unter der Regierung Braun-Severing (Innenminister), auch dank erfolgreicher Demokratisierung des Beamten- und Polizeiapparats, zu einem "demokratischen Bollwerk" gegen die stärker werdenden antidemokratischen Bestrebungen.

Im März 1925 erhielt Otto Braun als Kandidat der SPD für des Amt des Reichspräsidenten 29 Prozent der Stimmen. Im zweiten Wahlgang zog er seine Kandidatur zugunsten von Wilhelm Marx (Zentrum) zurück, der knapp dem greisen Antidemokraten Hindenburg unterlag. Im Juli 1932 setzte Franz von Papen, unterstützt durch Paul von Hindenburg, die preußische Regierung ab ("Preußenschlag"). Schon kurz nach der Machtübergabe an Hitler musste Otto Braun vor den Nazi-Schergen ins Schweizer Exil fliehen. Er war im Exil-Widerstand aktiv. Nach 1945 zog er sich aus der Politik zurück. Am 15. Dezember 1955 starb er in Ascona.

Horst Heimann

Quelle: vorwärts 12/2005

0 Kommentare
Noch keine Kommentare