Der 80. Jahrestag von Otto Wels Rede gegen das Ermächtigungsgesetz nähet sich. Die SPD-Bundestagsfraktion gedachte dieser Rede am gestrigen Mittwoch. Erstmalig wurde der nach ihm benannte Preis für Demokratie an Jugendliche verliehen.
„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!“ Mit diesen Worten sprach sich Otto Wels am 23. März 1933 im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz von Adolf Hitler aus. Die SPD-Bundestagsfraktion nahm den Jahrestag zum Anlass ihn und die anderen todesmutigen SPD-Abgeordneten von damals zu würdigen. Der Schauspieler Ulrich Matthes trug dazu einen Teil der berühmten Rede vor.
Es sei „eine Rede die die Zeit überdauert hat“ und wäre die letzte freie Rede vor dem zweiten Weltkrieg, betont SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier. Wels wäre vor allem ein Demokrat gewesen, beteuert der er als er den Bundestagspräsident Norbert Lammert begrüßt. SPD-Parteivorsitzender Sigmar Gabriel ergänzt: Die Rede sei Ausdruck der Idee von Freiheit und Recht außerdem ein mutiges Zeichen für Demokratie. Weiterführend hebt Gabriel die standfeste Haltung Otto Wels’ hervor: „Grundwerte, Grundprinzipien, Grundeinstellungen sind wichtig für eine Einordnung von richtig oder falsch“. Wels Bildungshintergrund als Tapezier sieht der SPD-Chef als Beweis, dass Herkunft nicht über Haltung entscheide.
Stolz zeigt sich Gabriel, dass die SPD nichts getan habe, weswegen sie sich schämen müssten, dass sie ihren Namen hätten ändern müssen“. Die Partei habe die bürgerliche Demokratie, solange sie konnte verteidigt, obwohl Sozialdemokraten nicht als Teil der Gesellschaft angesehen worden seien. Sie hätten vielmehr eine Parallelgesellschaft gebildet. Der Historiker Heinrich August Winkler stimmt dem in seinem geschichtlichen Abriss zu: Die SPD habe die Demokratie gegen eine Mehrheit, die die Demokratie ablehnten verteidigt. Dies gleiche einer auf Dauer unlösbaren Aufgabe.
Ständiger Kampf
Mit Blick in die Zukunft zeigt sich SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück optimistisch. Wir alle hätten das Glück in einer privilegierten Ausnahmensituation zu leben: In einer Zeit, in der Demokratie und Freiheit stark seien. Aber auch er sei sich bewusst, dass der Kampf für die Demokratie ein ständiger sei.
Die NSU-Morde zeigten, dass in der Gegenwart Rechtsextremismus noch immer eine Gefahr darstelle, betont Steinmeier. Einen kurzen Ausflug in die Tagespolitik kann er sich nicht verkneifen: Er schäme sich, dass die Bundesregierung ein NPD-Verbotsverfahren nicht unterstütze. Freiheit könne nur genossen werden, „wenn man sich dauerhaft für diese einsetzt“, ergänzt Gabriel. Die parlamentarische Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit.
Steinmeier fragt sich kritisch: „Hätten wir, die Abgeordneten von heute, auch den Mut, den Otto Wels damals hatte?" Er hoffe es.
Froh zeigten sich die Politiker angesichts ehrenamtlicher Arbeit für Demokratie. Nicht nur Experten dürften sich um Demokratie kümmern. Es dürfte nicht nur ihnen überlassen werden, stellt Steinmeier klar. Gabriel beteuert: „Engagement lohnt sich“ und erzählt davon, wie er es in seiner Heimat als Jugendlicher geschafft habe einen Jugendraum zu bekommen. Er und seine Freunden hätten kurzerhand das Rathaus besetzt.
Im Gespräch mit drei Jugendlichen, die sich ehrenamtlich für Demokratie einsetzen, wurden die gegenwärtige Probleme junger Menschen genannt: Sexismus, Homophobie und Rassismus. Auch beklagen die Ehrenamtlichen, dass es schwer sei finanzielle Mittel für Projekte wie „Schule ohne Rassismus“ zu bekommen. Gabriel fordert, die Kommunen finanziell besser auszustatten. Beide Politiker versprächen Besserung, falls die SPD die Regierung nach der Bundestagswahl im Herbst stelle.
Otto-Wels-Preis
Am Ende des Abends wurde zum ersten Mal der Otto-Wels-Preis für Demokratie verliehen. Der Preis wird an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 21 Jahren verliehen. Mit dem Preis soll Demokratie und Toleranz in der jungen Generation gefördert werden. Teilnehmer werden aufgefordert sich mit der historischen Bedeutung Otto Wels’ Rede auseinander zu setzen. Dies konnte in Form einer Rede zum Thema Demokratie sein, aber auch in Form einer Grafik, die das historische Ereignis darstellen sollte, sein. Der erste Preis ging an drei Schülerinnen, welche ein Brettspiel entworfen haben. Sie entschlossen sich für die dritte mögliche Aufgabenstellung: Entwerfen und gestalten einer Kampagne, die auf die Gefahren antidemokratischer Einstellungen eingehen sollte. In dem Spiel mit dem Titel „Demopoly“ müssen die Spieler Fragen über den Widerstand in der NS-Zeit beantworten um Wählerstimmen zu gewinnen. Das Ziel des Spieles ist es, zusammen mit den anderen Spielern mehr Stimmen als die rechtsextremistischen Parteien zu haben und so die Demokratie zu schützen. Damit lernen die Mitspieler: Wenn die Demokratie geschützt wird, gibt es mehr als einen Gewinner.