Debatte

Wird Bayern Vorbild bei der Cannabis-Freigabe?

Am Donnerstag entscheidet das bayerische Verfassungsgericht, ob es das Volksbegehren für die Legalisierung von Cannabis zulässt. Warum eine Freigabe überfällig ist und wie sie dem Jugendschutz dient, schreibt Franz Wolf, Geschäftsführer des bayerischen Cannabis Verbands.
von Franz Wolf · 19. Januar 2016
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Cannabis, das Kraut an dem sich dich Geister scheiden. Die politische Landschaft weiß auch im Jahr 2016 nicht so recht wie sie darauf reagieren soll. Die Regierung hat entschieden, dass Cannabis nur schwer und chronisch Kranken zugänglich gemacht werden soll. Der volle Nutzen dieser Arzneipflanze wird also dem Volk weiterhin vorenthalten bleiben.

Der kolumbianische Kardinal Jose de Jesus Pimiento Rodriguez bezeichnet Cannabis als „eine Kreatur Gottes“. Und es ist eine gute Kreatur, erklärt der 96-jährige Kirchenmann. Das schmeckt vermutlich der Christlich Sozialen Union in Bayern überhaupt nicht. Man zeigt sich zwar offen für Gespräche und es gibt auch bereits erste Abweichler von der Null –Toleranz-Politik der Parteiführung. Zu mehr aber ist man nicht bereit.

Das Cannabis-Gesetz neuen Realitäten anpassen

Das Volksbegehren „Ja zu Cannabis in Bayern“ wartet auf das Urteil des höchsten bayerischen Gerichts am Donnerstag, ob der Souverän (das Volk), nun an der Cannabis-Gesetzgebung beteiligt wird, oder nicht. Geradezu grotesk stellt sich die tatsächliche Situation auf Bundesebene dar: Der Gesetzgeber hat die Pflicht, bestehende Gesetze von Zeit zu Zeit zu überprüfen, sie an soziale Realitäten anzupassen, und Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Beim Umgang mit Cannabis geschieht das nicht.

Bereits 1994 wurde vom Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die per Gesetz erlaubte „geringe Menge“ auf Länderebene zu definieren ist. In Bayern aber ist man resistent gegen Urteile aus Karlsruhe. Jedes aufgedeckte Drogendelikt wird von der Polizei verfolgt. Das „Mia san Mia“-Prinzip ist im bayerischen Politikbetrieb sehr raumgreifend.

Der beste Jugendschutz: ein kontrollierter Cannabis-Markt

Die Frage, die sich jeder aufgeklärte Mensch bei Cannabis, unabhängig vom Parteibuch stellen sollte, lautet: Wie lässt sich der Kinder und Jugendschutz verbessern? Die Antwort, die niemanden zu gefallen scheint, ist einfach: Der beste Kinder- und Jugendschutz ist ein regulierter und kontrollierter Markt für verantwortungsbewusste erwachsene Konsumenten unter staatlicher Aufsicht.  Wollen wir unsere nachwachsenden Generationen, tatsächlich vor den Gefahren, die von Cannabis ausgehen schützen, bleibt uns keine Alternative als diesen Markt unter staatliche Kontrolle zu bringen.

Dass man sich mit derlei Gedankengut in Bayern schwer tut, zeigt sich, wenn gerade das Gesundheitsministerium des Freistaates nicht dazu zu bewegen ist, von den Prohibitionisten in den eigenen Reihen Abstand zu nehmen. Die Diskussion innerhalb der CSU hat nämlich gerade begonnen.

Die Bundes-SPD sollte dem bayerischen Landesverband folgen

Unabhängig von der Entscheidung der bayerischen Verfassungsrichter bleibt zu hoffen, dass die öffentliche Debatte über Cannabis endlich dazu führt, dass die notwendigen Änderungen auf Bundesebene in Angriff genommen werden. Ob eine große Koalition den Mut hat, Cannabis zu legalisieren wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ich jedenfalls erwarte, dass eine ordentliche Regierung dem Organisierten Verbrechen den Kampf ansagt, wo immer es möglich ist.

In Sachen Cannabis wäre es ein leichtes, der Mafia eine sehr profitable Geschäftsgrundlage zu entziehen, indem man „dem Volk“ erlaubt, sich selbst mit Cannabis zu versorgen. Für eine solche Entscheidung braucht es aber eine gute Portion „German Mut“. Der ist aber aktuell auf der Regierungsbank nicht zu finden. Somit bleibt es vermutlich ein schöner Traum, dass in Deutschland Cannabis legal wird, und die Menschen, die hier leben, unabhängig von Hautfarbe oder Religion davon in Form von Medizin, Rohstoff oder Genussmittel profitieren können.

Aus Sicht der SPD gibt es in meinen Augen nur einen Weg: Die Bundespartei folgt dem Landesverband Bayern, und trägt damit dazu bin, dass diese schon lange „verschärfte soziale Frage“ im Bund geregelt werden muss. Vier Millionen Menschen weiter zu kriminalisieren, nur weil sie Cannabis konsumieren, ist in meinen Augen sittenwidrig, und zeigt wie wenig Fingerspitzengefühl die aktuelle Regierung für die Belange des eigenen Volkes hat.

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Autor*in
Franz Wolf

ist Geschäftsführer des Cannabis Verbands Bayern.

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