Debatte

Wie ein sozialdemokratisches Grundeinkommen aussehen könnte

Die SPD sollte die notwendige Reform des Sozialstaats mit der Einführung eines Grundeinkommens verbinden, meinen die Jusos aus Pinneberg. Sie haben ein Konzept für ein sozialdemokratisches Grundeinkommen entwickelt – als eine Art „negative Einkommenssteuer“.
von Maximilian Krause · 23. Januar 2019
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Eines steht definitiv fest: Die Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist in der SPD angekommen. Das Grundeinkommen an sich ist schon ein kontroverses Thema, welches dadurch noch komplizierter wird, dass eine Vielzahl an Konzepten mit dem Namen Grundeinkommen besteht. Dies fängt bei neoliberalen Kombilohn-Modellen an und geht bis zu Konzepten, die das Wort „Grundeinkommen“ verwenden, aber mit einem Grundeinkommen wenig bis gar nichts zu tun haben. Aus diesem Grund haben wir uns als Jusos im Kreis Pinneberg aufgemacht, selbst ein Konzept zu gestalten, welches ein Grundeinkommen im Sinne der Sozialdemokratie sein soll.

Existenz absichern, Teilhabe sicherstellen

Das Konzept soll weitaus mehr sein als eine Reform von Hartz IV. Das Grundeinkommen richtet sich an alle Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik und kann ein neuer solidarischer Gesellschaftsvertrag sein. Das Grundeinkommen darf nicht als Argument oder gar Mittel dienen, den Sozialstaat oder andere Errungenschaften abzuschaffen. Unser Sozialstaat braucht Reformen, aber nicht verbrannte Erde. Der sozialdemokratische Ansatz kann sein, diese notwendigen Reformen mit einem Grundeinkommen zu verbinden.

Das Grundeinkommen ist ein Transfer, der an alle Bürgerinnen und Bürger ohne Bedingung ausgezahlt wird. Er sollte nicht nur die Existenz absichern, sondern auch ein gewisses Maß an Teilhabe sicherstellen, aus diesem Grund hätte das Grundeinkommen für Erwachsene eine Höhe von 1000 Euro monatlich, für Kinder gäbe es die Hälfte des Betrages. Das Grundeinkommen kann verschiedene Leistungen des Staates wie beispielsweise den Steuerfreibeitrag, das Kindergeld und die Grundsicherung zusammenfassen, ohne prinzipiell eine Leistungsminderung zu erzeugen. Ausdrücklich kann und soll es einige, aber nicht alle Leistungen zur Existenzsicherung bündeln. Das Wohngeld muss ebenso wie Sonderleistungen für Menschen mit z.B. körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen erhalten bleiben.

Grundeinkommen als negative Einkommenssteuer

Durch eine Steuerreform lässt sich das Steuersystem transparenter machen und auch ein Grundeinkommen finanzieren. Bisherige Steuern auf Einkommen, egal ob aus Arbeit oder aus Kapitalbesitz, sowie die Sozialversicherungsbeiträge werden in einer einzigen Einkommenssteuer mit einem einheitlichen Steuersatz zusammengefasst. Der Steuersatz müsste bei ungefähr 50 Prozent bzw. knapp darüber liegen. Eine Ko-Finanzierung könnte aus Einnahmen einer stärkeren Unternehmensbesteuerung, einer Finanztransaktionssteuer, höheren Steuern auf Luxusprodukte oder aus Einnahmen einer derzeit diskutierten CO2-Steuer stammen.

Auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht ersichtlich sein mag, geht der sozialdemokratische Ansatz eines Grundeinkommens den Weg einer wesentlich stärkeren Umverteilung. Das Grundeinkommen stellt eine Art „negative Einkommenssteuer“ her. Effektiv würden Menschen mit kleinen und durchschnittlichen Einkommen dadurch stark entlastet, während Menschen mit hohen Einkommen und insbesondere Kapitaleinkommen wesentlich stärker zur Finanzierung des Sozialstaates und des Gemeinwesens beitragen würden.

Reiche würden nicht mehr Geld erhalten

Gestaltet man ein Grundeinkommen so aus, ist der immer wieder geäußerte Einwand, auch Reiche würden in den Genuss des Grundeinkommens kommen, falsch. Technisch gesehen mag das stimmen, aber durch die Änderung der Einkommenssteuer zahlen Reiche de facto mehr Steuern als heute und würden durch ein BGE unterm Strich keineswegs mehr Geld erhalten (das Gegenteil ist der Fall). Angesichts der durch die Digitalisierung weiter steigenden Einkommensungleichheit ist das ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Mit der Reform des Steuersystems bietet sich auch die Chance, die Sozialversicherungen zu reformieren: Die Kranken- und Pflegeversicherung kann zu einer Bürgerversicherung werden, wie es die SPD bereits seit über einem Jahrzehnt anstrebt. Auch die gesetzliche Rentenversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung lassen sich leicht zu Sozialversicherungen umgestalten, die für alle Bürgerinnen und Bürger da sind. Zwar wird die ausbezahlte Rente analog zum normalen Einkommen durch einen höheren Steuersatz etwas niedriger ausfallen, aber da das Grundeinkommen auf das Erwerbseinkommen oder die Rente nicht angerechnet wird, stellen wir damit Millionen von Menschen besser. Wer arbeitet oder nach einem langen Arbeitsleben Rente bezieht, hat im Gegensatz zum heutigen Sozialstaat signifikant mehr Geld zur Verfügung. Die Einführung eines Grundeinkommens trägt weitaus mehr zur Abschaffung von Armut trotz Arbeit bei, als alle anderen bisherigen Diskussionsbeiträge zur Zukunft des Sozialstaates.

Das Grundeinkommen wertet Arbeit auf

Ein bedingungsloses Grundeinkommen und Arbeit sind keine Gegensätze. Arbeit bedeutet nicht nur Geldverdienen und ist heute schon mehr als klassische Erwerbsarbeit. Ja, ein BGE entkoppelt (auf sehr bescheidenem Niveau) Existenz und Arbeit ein Stück. Aber gerade in der Bedingungslosigkeit liegt die Chance, Potenziale, Motivation und Mut in Menschen freizusetzen, welche in unserem heutigen Sozialstaat verkümmern. Ein Grundeinkommen entwertet Arbeit nicht, sondern wertet sie vielmehr auf, wenn Menschen einer Arbeit nicht aus reiner Notwendigkeit, sondern aus freier Entscheidung nachgehen können.

Das bedingungsloses Grundeinkommen ist ein Bruch mit dem heute bestehenden Sozialstaat, aber nach unserem Ansatz kein totaler. Die Einführung ist mit Risiken verbunden und die Idee erfordert Mut und Vertrauen in die Mitmenschen. Weder die Idee noch das Konzept sind perfekt und bis ins letzte Detail durchdacht, aber wenn die SPD sich das Grundeinkommen zum Ziel setzt, kann daraus eine gute Weiterentwicklung unseres Sozialstaates werden.

Das Grundeinkommenskonzept der Jusos Pinneberg gibt es hier.

Autor*in
Maximilian Krause

studiert Volkswirtschaftslehre und ist stellvertretender Kreisvorsitzender der Jusos Pinneberg.

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