Debatte

Wie echte Teilhabe in Deutschland gelingt

Zum 1. Januar 2017 soll das Bundesteilhabegesetz in Kraft treten. Es soll Menschen mit Behinderung deutliche Verbesserungen garantieren. In mehreren Veranstaltung sammelt die Bundestagsabgeordnete Marina Kermer Meinungen von Betroffenen.
von Holger Niederberger · 25. Februar 2016
Diskussion Inklusion
Diskussion Inklusion

„Unser Ziel ist es, allen Menschen ein gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen. Denn Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert.“ Mit diesen Worten begrüßte die SPD-Bundestagsabgeordnete der Altmark Marina Kermer ihre Gäste zur Fraktion vor Ort zum Thema „Inklusion – gleiche Chancen für alle – Auf dem Weg zum Bundesteilhabegesetz“ am 19. November 2015 in Stendal. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Burkhard Lischka hatte sie im Namen der SPD-Bundestagsfraktion in das BIC Altmark eingeladen, um über die Veränderungen und vor allem über die Verbesserungen, die das kommende Bundesteilhabegesetz im kommenden Jahr für Menschen mit Behinderung mit sich bringen soll, zu informieren und mit den hochkarätigen Gästen auf dem Podium und im Publikum darüber zu diskutieren.

Ein wichtiger Beitrag gegen soziale Ausgrenzung

„Mit dem Bundesteilhabegesetz wollen wir in allen Lebensbereichen eine ideale Unterstützung bieten, ob im Betrieb oder in der Freizeit“, hob Kermer hervor. Etwa 60 Gäste waren aus der gesamten Bundesrepublik angereist. Katrin Budde, Spitzenkandidatin der SPD für das Amt der Ministerpräsidentin und SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt, zeigte in ihrem Beitrag die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Schaffung einer inklusiven Gesellschaft auf. Dabei hob sie vor allem die damit einhergehenden Chancen hervor: „Wir sind in Sachsen-Anhalt auf einem guten Weg. Mit dem Landesaktionsplan und dem Behindertengleichstellungsgesetz leisten wir bereits jetzt einen wichtigen Beitrag gegen soziale Ausgrenzung“, unterstrich Katrin Budde. „Vor uns liegen jedoch auch noch große Herausforderungen, etwa beim Thema Eingliederungshilfe. Unser Ziel muss sein, das Thema Inklusion in allen Altersgruppen und in allen Lebensbereichen zu verankern.“

Kerstin Tack, behindertenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, stellte die Eckpunkte des geplanten Bundesteilhabegesetzes vor. „Wir wollen die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickeln“, erklärte sie. „Die Leistungen zur sozialen Teilhabe sollen zukünftig personenbezogen ausgezahlt werden und die Anrechnung von Einkommen und Vermögen muss so gestaltet werden, dass eine Behinderung nicht zur Armutsfalle wird.“

„Wir wollen mitgestalten und nicht gestaltet werden.“

Der Bundesvorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft „SelbstAktiv“ und ehemalige niedersächsische Behindertenbeauftrage Karl Finke wies auf die notwendige Beteiligung von Menschen mit Behinderungen bei allen gesetzlichen Weichenstellungen hin: „Wir können am besten darstellen, was wir denken, fühlen und wünschen. Und wir wollen mitgestalten und nicht gestaltet werden“, hob Karl Finke hervor.

Als besonderen Gast hatte Marina Kermer den Studenten Constantin Grosch eingeladen. Er hatte gemeinsam mit Raul Krauthausen über 280.000 Unterschriften seiner Petition „Recht auf Sparen und für ein gutes Teilhabegesetz” Mitte Oktober an Andrea Nahles, als Bundesministerin für Arbeit und Soziales übergeben. Marina Kermer würdigte den Einsatz von Grosch für ein sozial gerechtes Bundesteilhabegesetz: „Menschen mit Behinderungen müssen das Recht haben, für ein Auto oder die Ausbildung ihrer Kinder zu sparen – und das darf nicht bei 2600 Euro gedeckelt sein“, unterstrich die Bundestagsabgeordnete.

Erster Gesetzentwurf im März

Die SPD-Bundestagsfraktion hat das Ziel, mit dem Bundesteilhabegesetz allen Menschen mit Behinderung eine gleichberechtige Teilhabe am Leben im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention zu ermöglichen. Dazu soll die jetzige Eingliederungshilfe, die bislang Unterstützung beim Wohnen, Arbeiten oder in der Freizeit leistet, von einem Fürsorgesystem zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden. Im März 2016 soll der erste Referentenentwurf aus dem Bundessozialministerium vorliegen. Noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode 2017 soll das Bundesteilhabegesetz dann im Bundestag beschlossen werden.

„Nach dem, was ich heute hier gehört habe, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir mit dem Bundesteilhabegesetz viel mehr als die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention schaffen", erklärt Marina Kermer. „Für uns bietet sich jetzt die einmalige Chance, ein modernes Gesetz zu schaffen, das alle Menschen an der Gesellschaft teilhaben lässt – genau das wollen viele Menschen. Dafür setzen wir Sozialdemokraten uns im Besonderen ein und hoffen auf eine breite Unterstützung“, resümiert Marina Kermer.

Inklusion und Prävention – zwei Brüder im Geiste

Aufgrund der großen Resonanz und um die gute Diskussion fortzusetzen, luden Marina Kermer, MdB, und Hiltrud Lotze, MdB, am 20. Januar zu einer weiteren Fraktion vor Ort der SPD-Bundestagsfraktion zum Thema „Inklusion: Auf dem Weg zu einer gerechten Teilhabe – Anforderungen an Prävention und Rehabilitation“ ein. Die Freude war sehr groß, als Gastrednerin Verena Bettele, Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, den Saal betrat.

Ebenso herzlich wurden die weiteren Impulsgeber Ulrich Nelissen, Ärztlicher Direktor des Johanniter-Krankenhauses Genthin-Stendal, Michael Zander, Lehrender an der Hochschule Magdeburg-Stendal und Olaf Lange, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Stendal auf dem Podium begrüßt.

„Ich möchte mich bei allen Gästen für die konstruktive Diskussion bedanken“, hob Marina Kermer hervor. „Inklusion und Prävention – beide sind wichtig. Und Sie alle haben hier mit Ihren unterschiedlichen Erfahrungen aus ganz verschiedenen Blickwinkeln dargestellt, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Mein besonderer Dank gilt Verena Bettele, die mit ihrem hochinteressanten  Vortrag facettenreich in das Thema eingestimmt und uns begeistert hat“, so die Bundestagsabgeordnete Marina Kermer.

Inklusion denken, ermöglichen und leben

Alle Gäste waren sich einig, dass die frühkindliche Prävention bereits im Mutterleib beginnt, um den gesunden Start in das Leben nicht zu gefährden. Alkohol und andere Suchtmittel schaden und führen zu Frühgeburten. Berufliche und gesundheitliche Prävention über das Berufsleben hinweg bieten die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben, auch im Alter. Wer will das nicht, teilhaben. Das ist ein Grundgedanke für das Bundesteilhabegesetz – Inklusion denken, ermöglichen und leben. Jetzt besteht die Chance im Gesetzgebungsverfahren dies mit einzubringen“, unterstreicht Marina Kermer. „Inklusion meint Teilhabe aller an unserer Gesellschaft. Dafür kämpfe ich persönlich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion und mit den Mitgliedern der AG SelbstAktiv.“

Schlagwörter
Autor*in
Holger Niederberger

ist freiberuflicher Kameramann und Tontechniker.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare