Wer junge Menschen begeistern will, braucht das richtige Programm
Jugendpolitik fristet – von Sonntagsreden abgesehen – ein Nischendasein. Vielen erscheint das Thema als wenig relevant. Einerseits wird Jugendpolitik oft als reine Ressortpolitik verstanden. Als Folge konzentriert sie sich häufig auf die eingeschränkten Themenfelder des BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) – und kommt dort nicht nur im Namen oft als letztes vor. Eine ressort-übergreifende Befassung mit allen jugendrelevanten Fragen, wie beispielsweise der Bildungs‐ und Arbeitsmarktpolitik, findet so selten statt. Andererseits wird Jugendpolitik oft als Querschnittspolitik verstanden, die überall mitgedacht werden sollte. Dies führt aber dazu, dass sie im Zweifel auch überall vergessen wird.
Wenn Jugendpolitik an ihre Grenzen stößt
Seit einigen Jahren wird unter dem Stichwort „Eigenständige Jugendpolitik“ versucht, diesen Zwiespalt zu überbrücken und der Lebensphase Jugend nach jahrzehntelanger Vernachlässigung wieder mehr Beachtung zu schenken. Doch auch die Vorstöße, Jugendpolitik aus einem Guss zu machen, stoßen immer wieder an ihre Grenzen – vor allem, wenn es ans Eingemachte geht: Etwa dort, wo andere (Ressort-)Interessen berührt sind oder die Perspektive der Fremdbestimmung und Verwertbarkeit der Jugend in Frage gestellt wird, setzen sich die Bedürfnisse der Jugendlichen kaum durch. Das gleiche gilt, wenn Jugendpolitik mehr sein will als ein Anhängsel der Familienpolitik. Auch dort, wo es nicht mehr reicht, schöne Worte für die Bedeutung von jugendlichem Engagement zu verlieren, sondern wo Jugendpolitik mit Arbeit oder Kosten verbunden ist, überall dort haben es die Interessen von Jugendlichen schwer.
Das beste Beispiel dafür ist das vorläufige Scheitern des „Jugend-Checks“ – einer Idee der Jugendverbände –, der die Politik und Öffentlichkeit für die häufig unbewussten Auswirkungen von Gesetzen auf junge Menschen sensibilisieren soll. Dies sollte zu einer jugendgerechteren und besseren Gesetzgebung beitragen. Die Forderung nach einem „Jugend-Check“ hatte es sogar in den Koalitionsvertrag der großen Koalition geschafft. Er wäre als ein gesetzlich verankertes und damit unabhängiges Prüfinstrument weder ein bürokratisches Monster noch ein folgenloses Häkchen geworden. Vielmehr hätte der „Jugend-Check“ jugendpolitischen Belangen in der parlamentarischen wie in der gesellschaftlichen Debatte mehr Aufmerksamkeit verleihen können. Doch seine gesetzliche Verankerung ist im Zuge einer geplanten Reform des Achten Sozialgesetzbuches in der Ressortabstimmung vorerst gescheitert.
Jugendpolitik: mehr als eine Randnotiz
Eine Partei, die sich an sozialer Gerechtigkeit und emanzipatorischer Politik orientieren will, muss daraus konkrete Schlüsse für ihr Wahlprogramm ziehen: Jugendpolitik muss mehr als nur eine Randnotiz sein und aus der Perspektive junger Menschen und ihrer unterschiedlichen Lebenswelten über die Grenzen der klassischen Ministerienaufteilung hinaus gedacht werden. Als Leitlinie muss dabei die Absicht dienen, allen jungen Menschen ein selbstbestimmtes Aufwachsen zu ermöglichen. Neben dem Festhalten am „Jugend-Check“ gehört dazu auch die Aufmerksamkeit für klassische Jugend(hilfe)politik und die Stärkung der selbstorganisierten Interessensvertretungen junger Menschen. Eine klare Absage sollte es an die sachgrundlose Befristung, die U-18 Ausnahme beim Mindestlohn und die spezifischen Sanktionen bei Hartz IV für unter 25-Jährige geben. Die Politik der schwarzen Null sollte zu Gunsten einer Investitionsoffensive in die soziale Infrastruktur aufgegeben werden. Ebenso braucht es eine Ausbildungsgarantie sowie Verbesserungen beim Anspruch und der Bezugsdauer des BaföG, mehr Einsatz für bezahlbaren Wohnraum sowie politische Bildung in- und außerhalb der Schule. Denn es ist ganz einfach: Wer junge Menschen anhaltend für sich und die eigene Politik begeistern will, muss vor allem ihre Interessen vertr
ist scheidender Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken.