Debatte

Wenn Beamte in die Rentenkasse einzahlen, verlieren alle

Eine solidarische Erwerbstätigenversicherung auch für Beamte? Nein, sagt Klaus Dauderstädt, Chef des Beamtenbundes und erklärt, wie teuer das Einbeziehen von Beamten in die gesetzliche Rentenkasse werden könnte.
von Klaus Dauderstädt · 15. November 2016
Die Garantie des Berufsbeamtentums: Tag und Nacht handlungsfähig
Die Garantie des Berufsbeamtentums: Tag und Nacht handlungsfähig

Überlegungen, die bestehenden Altersversorgungssysteme in Deutschland im Sinne einer „Volksversicherung“ zu vereinheitlichen, begleiten die politische Debatte seit Jahrzehnten. Stets ein zentraler Aspekt der jeweiligen Konzeption: die Beseitigung der eigenständigen Beamtenversorgung. Eine Einbeziehung von Beamten in eine sogenannte Erwerbstätigenversicherung ist jedoch zum einen nicht mit der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes vereinbar. Zum anderen würden sich Hoffnungen auf Einsparungen nicht erfüllen.

Beamtenstatus ist kein Privileg

Die Beamtenversorgung ist im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung keine klassische Versicherung, sondern Ausdruck der Alimentationspflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten. Sie ist kein besonderes Privileg, sondern Gegenleistung für die Verpflichtung des Beamten zur hoheitlichen Tätigkeit und für die besonderen Pflichten, die sich aus seinem Dienst- und Treueverhältnis ergeben. Der Anspruch auf Versorgung unterscheidet sich damit grundlegend von dem rentenrechtlichen Versicherungsanspruch. Aus der auf dem Lebenszeitgrundsatz beruhenden Alimentationsverpflichtung nach Art. 33 Absatz 5 GG folgt, dass der Dienstherr die Altersversorgung zu tragen hat. Von der allgemeinen gesetzlichen Sozialversicherungspflicht sind Beamte deswegen befreit.

Stattdessen sind im System der Beamtenbesoldung und -versorgung seit den 50er-Jahren die Pensionen wirtschaftlich betrachtet auch aus einbehaltenen, lediglich nicht förmlich ausgewiesenen Gehaltsbestandteilen aufgebaut. Dies bedeutet, dass bei der Bemessung der Besoldung der aktiven Beamten der spätere Versorgungsanspruch bereits berücksichtigt ist. Dahinter steht die Idealvorstellung, dass der Dienstherr aus den eingesparten Beträgen Rücklagen bildet, die die spätere Versorgung seiner Beamten weitgehend abdecken, und auf diese Weise keine Verlagerung von Aufwendungen in die Zukunft erfolgt. Dieser Ansatz ist erst vor über 15 Jahren in Bund und Ländern durch die schrittweise Einführung von Versorgungsrücklagen und -fonds aufgegriffen, jedoch in den Jahrzehnten davor sträflich vernachlässigt worden.

Bruttobezüge der Beamten würden steigen

Wer nun Beamte in eine „gesetzliche Rentenversicherung“ einbeziehen will, muss zur Kenntnis nehmen, dass die Dienstherrn dann auch „Arbeitgeberbeiträge“ zu tragen hätten und zugleich die Bruttobezüge der Beamten im Hinblick auf eine Beitragspflicht anheben müssten – erhebliche finanzielle Aufwendungen, für die die Haushalte aller Gebietskörperschaften keinen Raum haben. Gleichzeitig müsste entsprechend den Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes eine Vollversorgung gewährleistet und damit neben der Rente eine zusätzliche „betriebliche“ Versorgung aufgebaut werden – also noch mehr Ausgaben für Bund, Länder und Kommunen.

Das Einheitsmodell würde zudem nicht die Frage der vorhandenen Versorgungsempfänger und der versorgungsnahen Jahrgänge lösen, für die ein verfassungsrechtlich gebotener Besitzstandschutz erfüllt werden müsste. Auch aus rentenpolitischer Sicht macht eine Erweiterung des rentenversicherungspflichtigen Personenkreises keinen Sinn. Die Beamten, die heute zusätzliche Rentenbeiträge einzahlen würden, erhielten ja mit Erreichen des Rentenalters auch Ansprüche auf Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung – die Zahl der Rentner und damit auch der Beitragssatz zur Rentenversicherung läge noch höher, als es der demografische Wandel in Zukunft ohnehin erwarten lässt. Bessere Nachhaltigkeit? Fehlanzeige.

Noch mehr Rentner

Die Prinzipien des Berufsbeamtentums sind aus gutem Grund im Grundgesetz selbst festgeschrieben – diese „Geschäftsgrundlage“ mit Verfassungsrang ist Ausdruck eines funktionalen gesellschaftlichen Bedürfnisses: Der Staat muss Tag und Nacht handlungsfähig bleiben und den Bürgern gegenüber dafür einstehen, dass wichtige Einrichtungen und Leistungen verlässlich, nach rechtstaatlichen Grundsätzen, und dauerhaft – also auch streikfrei! – zur Verfügung stehen. Diese Garantie gibt es nur dank des besonderen Profils des Berufsbeamtentums. Jeder, der Hand an dessen Grundsätze legt, wird unweigerlich ein Verlustgeschäft machen. Für alle.

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