Debatte

Warum ich bisher nicht in die SPD eingetreten bin

Die Politik braucht mehr junge Menschen? Auf jeden Fall, sagt Frauke Gehrau von der Natufreundejugend Deutschland. In einer Partei würde sie sich aber nicht richtig aufgehoben fühlen.
von Frauke Gehrau · 7. Juni 2017

Zur Bundestagswahl 2013 durfte ich das erste Mal wählen. Endlich! Denn eine politische Meinung habe ich seit ich etwa 14 Jahre alt bin. Aber die Entscheidung fiel mir schwer: SPD, Grüne, Linke, Piraten? Ich hatte mich über alle Parteien grob informiert und sie alle hatten ihr Für und Wider: Slogans auf Wahlplakaten, denen ich zustimmte und Punkte in ihren Wahlprogrammen, die ich nicht wählen wollte. Leider kann man auf dem Wahlzettel nur ganze Parteien wählen – oder gar nicht.

Zwischen den Stühlen

Inzwischen würde ich mich politisch den Farben rot und grün zuordnen – aber vorhanden ist nur ein entweder oder. Während mir die Grünen manchmal wie ein schwarzer Wolf im „grünen Schafspelz“ vorkommen, hat sich die SPD auf Bundes- und Landesebene zuletzt sehr braunkohlefreundlich gezeigt. Mit dem Klimawandel im Hinterkopf in einer Braunkohleregion wohnend, finde ich so ein generelles „Ja“ zur Kohle nicht zeitgemäß. 

Mensch könnte sagen: Dann tritt doch ein und verändere etwas! Bring die Lager zusammen! Aber ganz ehrlich? Wie soll ich als kleinstes Zahnrad im Getriebe da was erreichen?

Nah dran am Eintritt in die Parteijugend

Wenn ich schon bei der Bundestagswahl meine Entscheidungsschwierigkeit habe, dann sehe ich es nicht ein, einer Organisation beizutreten, hinter der ich nicht einhundertprozentig stehe.

Vor einigen Jahren war ich dennoch sehr nahe daran, bei einer der Parteijugenden mitzumachen. Kurz nach dem Abitur zog ich an die Ostsee und auf der Suche nach Anschluss besuchte ich sowohl Treffen der Jusos als auch der Grünen Jugend. Leider fühlte ich mich bei beiden Gruppen nicht wohl – was natürlich verschiedene Gründe hatte.

Was verändert man in einer Partei?

Betrachten wir mal, was Menschen in Parteien so machen: reden und zuhören. Ort, Zeit, Anlass und die Menge der anwesenden Personen mögen sich unterscheiden, aber letztendlich ist alles verbale oder schriftliche Kommunikation. Menschen machen dort aber meiner Beobachtung nach vieles nicht: Sport, gesellschaftliche Abende, Reisen, Musik (hören), andere kulturelle Veranstaltungen, gärtnern und so weiter. Für mich muss so etwas beim Ehrenamt aber dabei sein. Ich bin jung und möchte Veränderung: Aber sind Parteien der richtige Ort dafür?

Klar: Politik beeinflusst das Leben aller Menschen. Aber sie lenkt gesellschaftlichen Wandel nur in gewisse Bahnen. Sie treibt ihn nicht an. Parteien sind für mich „nur“ die verlängerten Arme gesellschaftlicher Strömungen in die Parlamente hinein, wo dann um Gesetze gerungen wird. Die eigentliche Veränderung kommt meiner Meinung nach von „Bottom-Up-Bewegungen“. Ich habe mich zum Beispiel kürzlich mit der „Transition-Town-Bewegung“ (in etwa: „Stadt im Wandel“) befasst und gestaunt, wie schnell und wie stark sie das konkrete Leben in den Städten verändert.

Zurück zu den Wurzeln

Als ich wieder vom Meer weggezogen bin, habe ich angefangen, mich in dem Verein stärker zu engagieren, in dem ich schon als Jugendliche dabei gewesen war: in der Naturfreundejugend. Hier fahre ich in Ferienlager mit, seit ich 10 Jahre alt bin. Auf dem Bundestreffen der Naturfreundejugend, das man sich als eine Art Festival vorstellen kann, hatte ich viele Leute aus dem gesamten Bundesgebiet kennengelernt. Nun hatte ich Bock, mit einigen dieser tollen Menschen etwas zu bewegen. Ich stieg bei der ehrenamtlichen Redaktion der Mitgliederzeitschrift ke:onda ein und lies mich von meinem Landesverband für Bundesgremien delegieren.

Für mich hat die Naturfreundejugend vieles vereint: Umweltschutz und Solidarität, gemeinsames Reisen und Natursport genauso wie politische Diskussionen und Demonstrationen. Ich muss nicht alles machen, aber ich kann es mit Gleichgesinnten tun.

Autor*in
Frauke Gehrau

ist Mitglied bei der Naturfreundejugend Deutschlands.

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