#unserespd in Dresden: Klare Kante gegen Rechts nach dem Anschlag in Halle
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„Es sind besondere Zeiten. Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen. Der gestrige Tag steckt uns noch in den Knochen“, sagt der sächsische SPD-Landesvorsitzende Martin Dulig angesichts der Ereignisse am Vortag in Halle und bittet die 400 anwesenden Genossinnen und Genossen um eine Schweigeminute. Im Anschluss betont er: „Aus Worten werden Taten. Umso wichtiger ist es, uns nicht entmutigen zu lassen. Gerade in diesen Zeiten heißt es, zusammenzustehen. Wir blicken mit Zuversicht nach vorne und lassen diese Gesellschaft nicht spalten.“
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als Mittel gegen Hass
Etwas mehr als 24 Stunden ist es her, dass in Halle in Sachsen-Anhalt ein 27-jähriger Rechtsextremist mutmaßlich zwei Menschen aus rassistischen und antisemitischen Motiven tötete. Die Kandidierenden für den SPD-Parteivorsitz zeigen sich beim vorletzten Termin der #unserespd-Tour am Donnerstagabend im Dresdner Flughafen bestürzt über die Vorfälle und gleichzeitig entschlossen im Kampf gegen Rechts.
Das Los entscheidet, dass Hilde Mattheis und Dierk Hirschel mit der Vorstellungsrunde beginnen. Mattheis betont: „Wir teilen alle die Bestürzung über das, was gestern in Halle passiert ist. Das muss uns Mahnung sein, dass wir als Sozialdemokratie eine wichtige politische Rolle ausfüllen müssen. Eine Rolle, die klar gemacht, dass die Gesellschaft nur dann zusammenhalten kann, wenn es eine politische Kraft gibt, die nicht nur die Sorgen der Gesellschaft ernst nimmt, sondern auch danach handelt.“ Die Grundwerte der SPD – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – seien das beste Mittel gegen Hass.
Deutlich wird auch Mattheis‘ Partner Dierk Hirschel: „Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Höckes und Gaulands, die geistigen Brandstifter dieser Politik, irgendeine Position in diesem Land einnehmen. Sie streuen die Saat für braunen Terror. Dafür gilt es, auf die Straße zu gehen. Das haben wir als Sozialdemokraten in 150 Jahren immer gemacht.“ Wenn die Demokratie angegriffen werde, müsse der Rechtsstaat wehrhaft sein, fordert Hirschel. „Wir müssen gegen Rechtsextremisten mit aller Härte des Gesetzes vorgehen“, sagt der ver.di-Chefökonom. Gleichzeitig gelte es, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen, damit Menschen nicht die AfD wählten.
NoWaBo: „Es gibt keinen Grund, rechts zu wählen“
Saskia Esken verweist auf ihre eigene Lebensgeschichte und ihre politische Sozialisation in Baden-Württemberg. „Als Fremdenhass und Rechtsradikalismus drohten, in die Mitte der Gesellschaft einzudringen, bin ich in die SPD eingetreten“, berichtet sie und fordert: „Wir müssen gegen diese alten und neuen Nazis zusammenstehen. Der Rechtsstaat muss mit aller Härte gegen den Rechtsterrorismus vorgehen.“
Norbert Walter-Borjans, der gemeinsam mit Esken für den Parteivorsitz kandidiert, macht klar: „Es gibt keinen Grund, rechts zu wählen. Man kann sich nicht dahinter verstecken, dass man sich Menschen anschließt, die andere Menschen verachten. Dafür gibt’s keine Entschuldigung.“ Zugleich gelte es, die soziale Spaltung zu überwinden: „Wenn wir das nicht schaffen, wird es den rechten Rattenfängern gelingen, den Menschen weis zu machen, dass sie ihre Würde wieder bekommen, wenn sie die anderen wegnehmen. Das dürfen wir nicht zulassen, die müssen wieder raus aus den Parlamenten.“
Mehr Geld für politische Bildung
Christina Kampmann fordert, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland endlich sicher leben können sollten. „Wer jüdisches Leben angreift, trifft die gesamte Gesellschaft mitten ins Herz“, sagt die Bielefelderin, die gemeinsam mit Michael Roth antritt. Dieser bekräftigt: „Unsere SPD muss die Heimat derjenigen sein, die gegen alte und neue Nazis antreten, die Courage zeigen und anständig bleiben.“
Roth fordert, Konsequenzen aus dem Anschlag von Halle zu ziehen. „Die rechtsextremistischen Terroristen haben einen politischen Arm. Das ist die AfD“, sagt er. Sie müsse überwacht und mit aller Härte des Gesetzes geahndet werden. Zudem spricht er sich dafür aus, zur Stärkung der Demokratie mehr Geld in politische Bildung zu investieren: „Das muss eine Kernaufgabe der öffentlichen Institutionen sein.“
Scholz: „Ein Anschlag auf die Demokratie“
„Was da gestern in Halle passiert, ist schlimm“, macht Finanzminister Olaf Scholz deutlich, der im Duo mit Klara Geywitz für den Parteivorsitz kandidiert. Es sei ein Anschlag auf die Demokratie gewesen, sagt Scholz und weist die Einzeltäter-Theorie zurück: „Das beschreibt die Sache nicht richtig. Es war das Ergebnis einer Sache, die sich immer weiter verbreitet. Wir müssen dagegen aufstehen, gemeinsam mit vielen anderen zusammen.“
Gleichzeitig führe Unsicherheit über die eigene Zukunft bisweilen dazu, „dass die falschen Verführer manchmal Gehör finden“. Deswegen sei eine faire und gerechte Gesellschaft ebenso wichtig wie eine starke Sozialdemokratie, die das garantiere. Geywitz fordert, diejenigen stärker zu unterstützen, die jeden Tag die Demokratie verteidigten.
Die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping, für die der Abend in Dresden so etwas wie ein Heimspiel ist, zitiert aus dem jüdischen Buch Talmud: „Zuerst waren es die schlechten Gedanken, dann waren es die schlechten Worte und zuletzt folgten die schlechten Taten. Das ist keine neue Erkenntnis.“ Köpping verweist auf den Leipziger SPD-Oberbürgermeister Burkhard Jung, der gemeinsam mit 35.000 Menschen gegen Legida auf die Straße gegangen sei und anschließend Morddrohungen erhalten habe. Er stehe beispielhaft für viele Menschen im Kampf gegen Rechts. „Sie brauchen unsere Solidarität, unsere Unterstützung, aber auch unseren Schutz“, fordert Köpping.
„Alle Register gegen die rechten Horden ziehen“
Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius nennt die Geschehnisse von Halle einen „brutalen Angriff auf unsere freiheitlich-demokratischen Werte“. Er fordert, gegen rechte Kräfte aufzustehen: „Dazu braucht es eine größere Leidenschaft für die Demokratie. Wir müssen diese Demokratie wehrhaft machen und wehrhaft auftreten lassen. Der Feind steht rechts, nirgendwo anders. Er scheut sich nicht, Menschen auszugrenzen, zu beleidigen und zu töten. Wir müssen alle rechtsstaatlichen Register ziehen, um diesen rechten Horden Einhalt zu gebieten.“
Gesine Schwan, die sich an diesem Abend den sächsischen SPD-Mitgliedern ohne ihren Partner Ralf Stegner vorstellt, sagt, es sei „nicht leicht, von Halle hierher zu kommen“. Sie fragt: „Ist es nicht symbolisch, dass es gegen eine Synagoge und gegen eine Döner-Bude ging?“ Zugleich lobt Schwan das Engagement der sächsischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten: „Es ist sehr viel schwerer, hier gegen Rechts zu kämpfen als in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Berlin.“
„Eine erbärmliche Heuchelei“
Karl Lauterbach, der im Team mit Nina Scheer für den Parteivorsitz kandidiert, macht deutlich, wen er für die Geschehnisse am Vortag in der Verantwortung sieht: „Es ist meine feste Überzeugung, dass die AfD eine Mitschuld an den Attentaten in Halle trägt. Es kann nicht sein, dass man hetzt und zur Gewalt aufruft und wenn es soweit ist, tut man so, als hätte man nichts damit zu tun. Das ist eine erbärmliche Heuchelei.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo