Debatte

SPD-Fraktion in Berlin fordert Ende des Cannabis-Verbots

Ein „Irrsinn der Bürokratie“: Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will weg von einem allgemeinen Cannabis-Verbot. Das Thema müsse bundesweit debattiert werden, so die Forderung aus der Hauptstadt.
von Robert Kiesel · 23. Februar 2017

Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will die regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene weiter vorantreiben. „Ich möchte, dass Berlin in diesem Bereich Vorreiter wird“, erklärte Thomas Isenberg am Donnerstag auf der Veranstaltung „Eine neue Cannabispolitik ist nötig!“ Isenberg ist gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion und fordert schon länger ein Umdenken in der Drogenpolitik. „Wir dürfen nicht über die Köpfe der Menschen hinweg reden, sondern müssen an deren Alltag anknüpfen“, sagte er und warb dafür, den „existenten Markt so zu regulieren, dass Verbraucher auf der sicheren Seite sind und entkriminalisiert werden.“

Regulierung statt Repression

Isenberg betonte, dass nicht die komplette Freigabe von Cannabis gefordert werde, wohl aber eine regulierte, staatlich kontrollierte Abgabe der Droge an Erwachsene. Mit der „schwarze-Sheriff-Politik der Stigmatisierung“ müsse Schluss sein, so Isenberg in Bezug auf den unter Federführung der CDU eingeschlagenen Repressionskurs. Maßnahmen wie die „Null-Toleranz-Zone“, die unter dem ehemaligen Innensenator Frank Henkel für Schwerpunktgebiete wie den Görlitzer Park eingeführt worden waren, seien „krachend gescheitert“. Isenberg kündigte an, „Null-Toleranz-Zonen“ unter Rot-Rot-Grün in Berlin „mit einem Federstrich“ abzuschaffen.

An die Seite Isenbergs stellte sich Raed Saleh, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Auch er warb für ein Umdenken in Sachen Cannabispolitik. „Wir dürfen die Diskussion nicht den Innenpolitikern überlassen, sondern müssen sie im Bereich der Gesundheits-, Präventions- und Stadtpolitik führen“, sagte Saleh. Ein Umdenken dürfe nicht nur vereinbart, sondern müsse nachhaltig betrieben werden. Mit Bezug auf die horrende Zahl von Strafverfahren gegen Cannabis-Konsumenten, die mit geringen Mengen der Droge aufgegriffen und angezeigt werden, sagte Saleh: „Die Polizisten haben genug davon, ständig kiffenden Touristen hinterherzulaufen.“ Isenberg nannte die derzeitige Praxis der Strafverfolgung bei geringen Mengen von Cannabis einen „Irsinn der Bürokratie“.

Cannabis-Initiative im Bundesrat?

Einig waren sich die Vertreter aus Politik, Medizin, Prävention sowie Drogen und Suchtberatung darin, das Thema Cannabispolitik auf bundespolitischer Ebene diskutieren zu wollen. Isenbergs Vorstoß einer möglichen Bundesratsinitiative zur regulierten Abgabe von Cannabis griffen sie auf, um eine „fehlgeleitete Bundesdrogenpolitik“ zu kritisieren. Isenberg erinnerte daran, dass auch die SPD-Bundestagsfraktion eine Abkehr von der derzeit praktizierten Verbotspolitik fordere. Das Thema werde auch in den Wahlprogrammen der Parteien für die Bundestagswahl eine Rolle spielen, prognostizierte Isenberg und kündigte an: „Eine entsprechende Koalition im Bund könnte das Thema voranbringen.“

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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