Debatte

Pläne für Cannabis-Legalisierung sind gefährliche Irrlichter

Verdecken die verstärkt aufkommenden Forderungen nach einer Legalisierung von Cannabis die wahren Gefahren der Droge? „Ja“ meint Reinhold Gall und plädiert klar gegen eine Freigabe. Seine Sorge gilt vor allem den Jugendlichen.
von Reinhold Gall · 4. August 2015
Cannabis
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„Gebt den Hanf frei“, „Beraten statt Kriminalisieren“ oder „Verbotsstrategie und Repression gescheitert“ – wie Irrlichter funkeln diese Schlagzeilen, die aktuell immer mehr die öffentliche Debatte über Cannabis prägen. Selbst der großflächige Anbau von Cannabis-Pflanzen wird zunehmend gesellschaftlich bagatellisiert. Da vermisse ich all jene Stimmen, die von den gesundheitlichen Gefahren für die besonders empfänglichen und empfindlichen Jugendlichen künden. Denn Cannabis wird von vielen leider noch immer zu Unrecht als „weiche Droge“ begriffen. Eine solche Betrachtung macht blind für die gravierenden gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen.

Besonders Jugendliche sind gefährdet

Ich fürchte die mit einer Legalisierung verbundenen Gefahren insbesondere für junge Menschen - die durch Cannabismissbrauch aus der Bahn geworfen werden, die in der Schule absacken, deren Entwicklung gestört und deren Intelligenz geschädigt wird, die vermehrt Psychosen entwickeln und die süchtig werden. Schon in den vergangenen fünf Jahren hat die Zahl der von der Polizei im Südwesten ermittelten jugendlichen Cannabis-Konsumenten um 158 Prozent zugenommen. Das ist umso schlimmer, als diese Droge besonders in der Phase der Adoleszenz zu dauerhaften neurobiologischen Schäden im Gehirn führt. Das wurde immer wieder von seriösen Forschern belegt, zuletzt im März 2015 im Wissenschaftsjournal „Hippocampus.

Dürften nun Erwachsene bisher verbotene Substanzen straffrei erwerben, dann wird damit ein falscher Lernprozess für Kinder und Jugendliche eingeleitet – der Missbrauch über Schwarzmärkte ist die unaufhaltsame Folge. Das damit ebenfalls verbundene, erhöhte Risiko für psychosomatische Erkrankungen würde das Gesundheitswesen zusätzlich stark belasten. Gerade weil uns diese Probleme schon durch den erlaubten Genuss von Alkohol und Tabak drücken, müssen wir bei Cannabis auf der Bremse bleiben. Die negativen psychischen, physischen und finanziellen Auswirkungen von Alkohol-, Tabak-  und Medikamentenmissbrauch sind hinlänglich bekannt, warum also sollten weitere Drogen legalisiert werden?

Legalisierung öffnet Geschäftemachern Tür und Tor

Eine Legalisierung würde auch andere enorme Probleme heraufbeschwören, wie strenge Anbaukontrolle, Drogentourismus wie ehemals in den Niederlanden oder aktuell im US-Bundesstaat Colorado, weiterhin Beschaffungskriminalität, mehr Probleme im Straßenverkehr sowie, aus Profitgier, eine Erhöhung des Wirkstoffanteils durch moderne Technik und Genetik und die Erzeugung von immer neuen höchst gefährlichen Stoffen. Letztere umfassen beispielsweise auch synthetische Cannabinoide, die 2014 in Baden-Württemberg ursächlich für den Tod von sechs Menschen, darunter ein 16-Jähriger, waren.

Die Verharmlosung von Cannabis konterkariert auch die vielfältigen Präventionsbemühungen, mit denen für die Gefahren sensibilisiert werden soll. In Baden-Württemberg wurde erheblicher Aufwand geleistet, um eine gute und umfassende Präventionsarbeit gegen Alkohol und Drogen zu etablieren; dies darf nun nicht mit einer Legalisierung von weiteren Suchtmitteln ausgehebelt werden. Wir müssen also in der Debatte den Blick schärfen und dürfen mit der eigentlichen Zielsetzung – Abwehr von Gefahren und Schutz der Gesundheit für die Menschen – nicht fahrlässig umgehen. Hierzu fühle ich mich besonders verpflichtet.

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Reinhold Gall

Reinhold Gall ist Innenminister von Baden-Württemberg und SPD-Mitglied seit 1975.

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