Naturschutz hilft gegen Folgen der Klima-Erwärmung
In den vergangenen zwölf Jahren hat Deutschland vier sogenannte Jahrhundert-Hochwasser ertragen müssen, Tendenz steigend. In unseren Städten liegen die Durchschnittstemperaturen aufgrund stadtplanerischer Fehler schon heute mehrere Grad höher als im Umland, in Zukunft werden sie zu lebensfeindlichen Backöfen. Insektenplagen kennen wir bisher nur aus wärmeren Weltgegenden, aber hier wird es gerade sehr schnell heißer, zu schnell für viele Fressfeinde der wärmeliebenden Insekten.
Dabei bietet gerade die Natur, die wir so stark zurückgedrängt haben, Anpassungslösungen an den Klimawandel. Je intakter Naturräume sind, desto flexibler reagieren sie auf Veränderungen und desto besser puffern sie die negativen Folgen des Klimawandels ab – zum Nutzen des Menschen.
Hochwasser und Dürren in Deutschland
Wenn durch häufigere ,Starkregen-Ereignisse‘ Hochwasser droht und der schnelle Takt bei Jahrhundert-Hochwassern (2002, 2006, 2012, 2013) zur Regel wird, dann bietet vor allem die Natur Schutz, der zudem bezahlbar ist. Dort, wo Flüssen und Bächen Platz gelassen wird, kann sich das Hochwasser ohne Schaden verteilen. Technische Bauwerke allein schaffen diese Sicherheit nicht auf Dauer und wären auch viel teurer. Gleichzeitig entstehen dort, wo Deiche zurück verlegt werden und Auwälder entstehen, kleine Bio-Kläranlage. Überflüssige Düngemittel im Wasser werden von den Pflanzen aus dem Wasser gefischt und belasten nicht mehr den Geldbeutel der Städte und Gemeinden.
Zusätzlich muss das Regenwasser dort gespeichert werden, wo es fällt, und das sind zum Großteil landwirtschaftliche Flächen. Die können bei ökologischer Bewirtschaftung deutlich mehr Wasser aufnehmen, als bei konventioneller. Insofern ist aus Gründen des Hochwasserschutzes in Städten und Dörfern eine Umstellung auf ökologische Landwirtschaft dringend empfohlen. Gleichzeitig hilft diese Umstellung dabei, die vorhergesagten Trockenperioden und Dürren in manchen Regionen Deutschlands abzumildern, eben weil mehr Wasser im Boden verbleibt.
Städte werden zu Backöfen
Die beton- und glasreichen Innenstädte drohen mit steigenden Temperaturen zu heiß zu werden. Die aktuelle Tendenz, Plätze und Wege zu pflastern und in pflegeleichte Heizplatten zu verwandeln, macht es noch schlimmer. Die Alternative sind großflächige Parks, artenreiche Grünflächen, Alleen und Waldstreifen, aber auch Gründächer und begrünte Fassaden. Sie machen die Wohnviertel ohne Zweifel lebenswerter, sind wichtig für Erholung und oftmals der einzige Platz, an dem Kinder mit Natur in Kontakt treten. Aber sie senken auch die Temperaturen, sorgen für kühle, frische Luft und Sauerstoff.
Dasselbe gilt für Kleingartenanlagen, die immer noch durch den Bauboom mancher Kommunen gefährdet sind. Dabei sind sie gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels kühle Oasen und unverzichtbarer Bestandteil von Städten, in denen man auch in Zukunft noch leben will.
Vögel statt Pestizide gegen Insektenplagen
Vom Klimawandel profitieren in Deutschland auch zahlreiche Insekten, darunter solche, die uns Menschen Probleme bereiten. Zum einen gibt es die Blutsauger, die Krankheiten verbreiten wie Zecken und Mücken, zum anderen Schadinsekten, die zum Beispiel Getreide und andere Feldfrüchte fressen. Will man die Felder nicht vermehrt mit Pestiziden belasten, braucht es die Natur – stabile Vogelpopulationen, genügend Fledermauslebensräume, zahlreiche Amphibien und andere Insekten, die selbst wieder Schadinsekten fressen. Doch die gibt es nur, wenn der Natur Vorrang eingeräumt wird und wir ihr wieder mehr Freiheit verschaffen.
Manchmal helfen da schon kleine Veränderungen beim eigenen Zuhause. Die dringend notwendige energetische Haussanierung hilft nicht nur beim Sparen und gegen den Klimawandel, sondern kann heute ohne Probleme aus einer Fassade eine kleine Oase machen. Spatzennistkästen, Schwalbennisthilfen und Fledermauskästen lassen sich ohne Probleme integrieren, wodurch die kleinen Helfer eine neue Heimat finden.
Kuckuck leidet bereits unter Klimawandel
Auch wenn Arten und Lebensräume nicht mit der ersten Klimaveränderung in ihrer Evolutions-Geschichte konfrontiert sind, so verläuft der Wandel heute doch rasanter denn je. 2013 ist der CO2-Gehalt in der Atmosphäre stärker und schneller gestiegen als in jedem anderen Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Gegenüber dem Zeitraum von 1961 bis 1990 war es 2013 damit bereits um ein halbes Grad wärmer auf der Erde.
Das Bundesamt für Naturschutz prognostiziert, dass bei einem Anstieg der Temperatur um nur zwei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts, 30 Prozent der in Deutschland vorkommenden Arten vom Aussterben bedroht sein werden. Dazu zählen bekannte Arten wie der Kuckuck. Kehrt er aus seinem Winterquartier heim, findet er schon heute kaum noch Nester seiner Wirte mit frisch gelegten Eiern, denn Hausrotschwanz und Rotkehlchen haben ihren Brutbeginn vorverlegt, weil es in Deutschland früher warm ist.
Was braucht es noch?
Eine wichtige und vergleichsweise kostengünstige Klimaschutzmaßnahme ist der Erhalt bestehender Moore und vor allem die Wiedervernässung ehemaliger Moore. Die für meist landwirtschaftliche Nutzung trockengelegten Moorböden emittieren aktuell mehr als vier Prozent der jährlichen deutschen Treibhausgase. Die Kosten für die Wiedervernässung liegen weit unter den Schadenskosten, womit diese Renaturierung von volkswirtschaftlichem Nutzen ist.
Dasselbe gilt für die bereits erwähnten Auwälder. Schutz und Wiederherstellung intakter Auen sind ein hervorragendes Beispiel für Synergien zwischen der Erhaltung biologischer Vielfalt, dem Hochwasserschutz und dem Klimaschutz. Berechnungen für ein Auen-Renaturierungsprogramm an der Elbe zeigen einen jährlichen volkswirtschaftlichen Nutzen von 1,2 Milliarden Euro und ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3:1.
Neben der Schaffung und Vergrößerung ungestörter Naturräume müssen diese auch miteinander verbunden werden. So können die Arten auf den Klimawandel reagieren und der prognostizierten Verschiebung ihrer Klimazone nach Norden und in höhere Lagen folgen. Das europaweite Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 und das Europäische Grüne Band haben damit bereits begonnen.
All diese Beispiele zeigen klipp und klar: Naturschutz kann die negativen Folgen des Klimawandels in Deutschland abpuffern. Und er kann die Lebensqualität für uns alle sichern.