Debatte

Inklusion bedeutet Lebensqualität für alle

Eine inklusive Gesellschaft bedeutet nicht Vorteile für wenige, sondern mehr Lebensqualität für alle. Inklusion ist eine Entscheidung für eine Gesellschaft und ein Wertesystem. Über dieses Wertesystem zu sprechen lohnt sich definitiv.
von Verena Bentele · 20. Oktober 2015
inklusive Gesellschaft
inklusive Gesellschaft

Es gibt Menschen, denen geht das Wort Inklusion gehörig auf die Nerven. Die einen sagen, dass ­Inklusion so selbstverständlich ist, dass sie gar nicht mehr angesprochen werden muss. Dieser Meinung ist beispielsweise Samuel Koch, der Mann, der bei „Wetten, dass?“ einen schweren Unfall hatte und seither gelähmt ist.

Die anderen sagen, dass Inklusion vor allem die gemeinsame Bildung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung bezeichnet. Ich würde es so formulieren: Inklusion ist eine Entscheidung für eine Gesellschaft und ein Wertesystem. Über dieses Wertesystem zu sprechen lohnt sich definitiv.

Für alle Menschen den Alltag erleichtern

Dabei geht es nicht um eine bessere Lebenssituation für wenige, sondern um eine höhere Lebensqualität für alle Menschen. Es geht um Erleichterungen des Alltags für Menschen mit oder ohne Behinderung. Die Mutter mit Kinderwagen profitiert vom barrierefreien Zugang in den Bus ebenso wie der gehbehinderte Mann. Dem seit Kurzem in Deutschland lebenden Migranten nützen Informationen in leichter Sprache, ohne Fremdwörter und lange Sätze, genauso wie dem Menschen mit Lernschwierigkeiten. Und das Telefon mit extragroßen Tasten ist für jemanden, dessen Finger altersbedingt zittern, genauso gut wie für jemanden mit einer Spastik.

Darum sehe ich Inklusion als ein gesellschaftliches und soziales Querschnittsthema. Wir müssen so weit kommen, dass an alle Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gedacht wird. Von Anfang an: wenn Produkte hergestellt werden, wenn Gebäude gebaut und eingerichtet werden und auch, wenn digitale Angebote wie Websites oder Apps entwickelt werden. Ein Design für alle spart Geld, weil Dinge nicht nachträglich umgerüstet werden müssen, sondern von vorneherein für alle zugänglich sind.  

Barrierefreiheit als ein Mittel

Barrierefreiheit ist ein Mittel, um ­Inklusion zu erreichen. Eine inklusive Gesellschaft macht aus, dass der einzelne Mensch mit allen seinen Eigenschaften, seinen Stärken und Schwächen, seinem Können und seinen Bedürfnissen wahrgenommen und akzeptiert wird. Menschen jeder Herkunft, Hautfarbe, Bildung, Religion und geschlechtlicher Identität sollen gleichermaßen am ­gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Wenn sich die Bedingungen des Alltags durch leicht zugängliche Gebäude, Informationen und einfach zu bedienende Geräte für alle verbessert haben, Inklusion also selbstverständlich ist, dann darf der Begriff gerne in den Geschichtsbüchern verschwinden. Doch bis dahin brauchen wir das Wort – ­damit ihm Taten folgen.

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Verena Bentele
Verena Bentele

ist Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.

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