Hat die Cannabis-Debatte das Zeug zum Wahlkampfthema?
Herr Ingensiep, kiffen Sie?
Ich bin Cannabis-Verbraucher, ja. Cannabis ist für mich ein Genussmittel. Ich kämpfe dafür, dass es nicht länger kriminalisiert wird.
Seit Oktober 2015 werben sie auch innerhalb der SPD offen für die Cannabis-Legalisierung. Warum?
Motiviert hat mich die Kampagne der Jusos, die Debatte auf vorwärts.de, das Eckpunktepapier der SPD-Drogenpolitiker. Es bewegt sich etwas in der SPD. Wir alle müssen anerkennen, dass Cannabis in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, darüber müssen wir offen sprechen. Es geht dabei auch um Selbstbestimmung und Gerechtigkeit.
Wie anschlussfähig ist die Forderung nach einer Cannabis-Legalisierung in der SPD?
Das gesellschaftliche Stigma, mit dem Cannabis in Deutschland belegt ist, wirkt noch immer, auch in der SPD. Viele Leute haben Bedenken, fürchten persönliche oder berufliche Konsequenzen, möchten sich öffentlich besser nicht mit dem Thema verbunden wissen. Sonst hätte meine Seite sicher schon 10000 likes.
Mehr als 2000 sind es immerhin schon, Tendenz steigend. Kann sich die SPD überhaupt aus der Debatte raushalten?
Nein, das kann und das sollte sie nicht! Das Thema ist überreif und ich halte sogar eine Mitgliederbefragung dazu für sinnvoll. Wir reden beim Thema Kriminalisierung über menschliche Schicksale, das muss allen klar sein.
Wie meinen Sie das?
Die Kriminalisierung von Cannabis führt mitunter zu dramatischen persönlichen Konsequenzen. Schon bei kleinen Mengen bekommt man einen sogenannten BTM-Stempel. Der kann zu Jobverlust führen, dazu, dass Alleinerziehende das Sorgerecht verlieren. Daran gehen Existenzen kaputt.
Gibt es weitere Argumente für die Legalisierung?
Wir können es uns gar nicht leisten, auf die aus einer Legalisierung von Cannabis resultierenden Einnahmen zu verzichten. Die Menschen in Deutschland kiffen so oder so, ob legal oder nicht. Bislang aber geht der ganze Gewinn in kriminelle, teilweise mafiöse Strukturen. Doch es geht noch weiter: Ein regulierter Markt erhöht den Schutz vor schädlichen Streckmitteln, dient also dem Jugend- und Verbraucherschutz. Außerdem kommen Cannabis-Konsumenten auf dem Schwarzmarkt beinahe zwangsläufig mit härteren Drogen in Kontakt, die Dealer wollen schließlich Geld verdienen. Schnell wird dann von der Einstiegsdroge Cannabis gesprochen. Schuld daran ist der Schwarzmarkt.
Was hätte die SPD von einer klaren Positionierung pro Legalisierung?
Es geht um drei bis vier Millionen Wähler, allen voran junge Menschen. Leute, die für Parteien wie die SPD an sich schon längst verloren sind, die Kinder unserer ehemaligen Wähler. Mit einer klaren Position pro Legalisierung könnte die SPD die Stimmen dieser oft politisch interessierten Menschen gewinnen. Für 2017 ist das ein erhebliches Potenzial.
Eine klare Position pro Legalisierung erhöht die Wahlchancen der SPD für 2017?
Ja! Die Legalisierung von Cannabis ist in Deutschland eine Frage der Zeit, da bin ich mir sicher. Wir als SPD sollten unseren Teil dazu beitragen, besser heute als morgen
ist Mitglied des SPD-Ortsverbands in Duisburg-Marxloh und setzt sich dort unter anderem für die Legalisierung von Cannnabis ein.