Debatte

Die SPD wird nicht aussterben – wenn wir selbst etwas dagegen tun!

Die jungen Menschen in der SPD tragen eine besondere Verantwortung für die Partei, findet Alice Greschkow. Sie sollten die Sozialdemokratie als gesellschaftliche Bewegung verteidigen. Aber wie funktioniert das genau?
von Alice Greschkow · 9. Mai 2017
Junge SPD
Junge SPD

Die SPD stirbt nicht aus, wenn wir nichts tun. Wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder älter als 60 Jahre alt ist, dann wird es nur wenige Jahrzehnte dauern, bis die Alte Tante halb so groß ist wie jetzt – es sei denn, wir schaffen eine Mobilisierungswelle. Wir jungen Leute sind dafür ebenso verantwortlich, wie die großen Köpfe der Partei.

Themen, die zum Zeitgeist passen

Was soll eigentlich aus der SPD werden, wenn es keinen langfristigen Trend zur Mitgliedschaft geben sollte? Wer vertritt die Sozialdemokratie in der Breite? Bereits jetzt ist die Mitgliederanzahl mit rund 440.000 auf einem niedrigen Stand – trotz des „Schulz-Effekts“. Während der Nachkriegszeit hatte die SPD 800.000 Mitglieder, in den 1970-ern waren es mehr als eine Million – damals auch getrieben vom „Willy-Effekt“. Dafür, dass eine Partei von ihren Mitgliedern lebt, ist der Langzeittrend ernüchternd.

Nüchtern betrachtet ist diese Entwicklung an sich kein Zeichen für eine Krise der SPD per se. Parteienverdrossenheit ist ein Phänomen, mit dem sich auch die anderen Parteien beschäftigen müssen, aber moderne gesellschaftliche Trends der Individualisierung und Flexibilisierung als Rechtfertigung für sinkende Mitgliederzahlen zu nutzen, ist langfristig nicht Ziel führend – es muss schließlich so oder so vorangehen. Was also tun?

Das Problem geht uns alle an. Wir und die Parteiführung steht vor der Herausforderung bei einer Bandbreite komplexer Probleme sammeln zu müssen und daraus ein passendes Hauptmotiv zu basteln, das auch die Lebenswirklichkeit der Leute im Juso-Alter betrifft. Die Figur Kurt Schumacher repräsentierte beispielsweise den Widerstand gegen das NS-Regime, wenn es auch nicht immer ausgesprochen wurde, und Willy Brandt ging mit der Forderung „Mehr Demokratie wagen“ und der Neuen Ostpolitik in die Geschichte ein. Das waren Themen, von denen Bürger in allen Altersgruppen eine Vorstellung hatten.

Jeder kann für Jugendmobilisierung verantwortlich sein!

Ja, den Nerv der Zeit zu treffen und zu wissen, was den Deutschen wichtig ist, ist essenziell. Ein Satz, der mir allerdings von einer älteren Bekannten im Kopf hängen geblieben ist, ist dass die SPD es früher geschafft habe, alle Vereine zu durchdringen, präsent zu sein und auf diese Art Neumitglieder zu werben. Der persönliche Kontakt hilft dabei zu zeigen, dass die Partei entgegen des Klischees eben nicht nur aus älteren Herren besteht und auch junge, motivierte Leute dabei sind. Mich haben auch meine Bekannten und Freunde aus Hochschulgruppen emotional an die SPD gebunden.

Was wir junge Leute aktiv machen sollten, ist zu lernen wieder unserem Umfeld zuzuhören, zu diskutieren und auch eine kritische Haltung an den Tag zu legen – jenseits der gemütlichen Blase, in der die eigenen Freunde ähnliche Ansichten teilen! Es gehört dazu, die Sozialdemokratie als gesellschaftliche Bewegung dort zu verteidigen, wo sie nötig ist und dabei auch Konter zu kassieren (der Klassiker: irgendwas mit Agenda 2010), aber man übt sich gerade in dieser Auseinandersetzung in eigenen Gegenargumenten oder kritischer Selbstreflexion. Klar ist, dass nicht jeder für eine Mitgliedschaft bei der SPD geeignet ist – man darf auch nicht den Kapitalfehler begehen und versuchen, Leute „umzupolen“, aber man muss den Mut und Ausdauervermögen für einen aufrichtigen Dialog haben, seine eigenen Überzeugungen teilen, wenn man selbst Begeisterung schaffen will. 

Diese Diskussionen nerven? Ja, das tun sie, aber das muss man aushalten, wenn man sich nicht vorstellen möchte, dass die SPD langfristig an Kraft verliert, um für die Sozialdemokratie zu streiten. So können gerade diejenigen, die junge, authentische Ideale haben, zu Mikro-Wahlkampfmanagern werden und bei der Jugendmobilisierung direkt in ihrem Umfeld kräftig mitwirken, oder etwa nicht?

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Alice Greschkow

ist Autorin und Beraterin zum Thema "Zukunft der Arbeit". Sie beobachtet die Berliner Politikwelt und stellt sich der Debatte, gerne auch digital auf Twitter @alicegreschkow

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