Barley: „Die Menschen wissen, was bei dieser Europawahl auf dem Spiel steht“
Dirk Bleicker
Ein Grund, warum sie nach Brüssel gehe sei, dass über Europa nur in Zahlen und Statistiken gesprochen würde. Das löse keine Begeisterung aus, ist Justizministerin Katarina Barley überzeugt. „Wir müssen emotionaler werden“, sagt die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl. „Das tun die Gegner auch“, fügt sie hinzu. Nur die würden an die negativen Gefühle appellieren, die leichter zu wecken seien. Doch die gute Nachricht ist: „Die Menschen wissen, was bei dieser Europawahl auf dem Spiel steht“, so Barley. So voll wie derzeit, waren Veranstaltungen zum Thema Europa noch nie, fügt sie hinzu.
Wohlstand für alle nicht erreicht
Auch die Veranstaltung des IMK-Forums in der Hans-Böckler-Stiftung ist am Mittwoch gut besucht. Zwei Monate vor der Europawahl lautet die Frage: Germany First? Wie geht es weiter mit der Europäischen Integration?
Schon zu Beginn hatte DGB-Chef Reiner Hoffmann erklärt, dass Herausforderungen wie Klimaschutz, Digitalisierung und die Regulierung globaler Kapitalmärkte auf nationaler Ebene nicht mehr zu lösen seien. Gleichzeitig habe Europa sein Gründungsversprechen, wirtschaftlichen Wohlstand für alle zu erreichen, nicht eingelöst. Die Austeritätspolitik der Troika nannte er katastrophal. „Es kann uns auf Dauer nicht gut gehen, wenn es unseren Nachbarn schlecht geht“, sagte Hoffmann. Europa müsse auf eine richtiges, ein soziales Gleis gesetzt werden.
Barley für europäischen Mindestlohn
Auch für Barley ist klar, dass die Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft in Europa liegen. „Europa ist die Antwort", zitiert sie den SPD-Wahlkampfslogan. Dieses Europa sei historisch als Wirtschaftsraum gewachsen, die Idee, dass Europa auch ein sozialer Raum ist, sei institutionell noch nicht verankert, sagt sie.
Deshalb plädiert Barley für einen europäischen Mindestlohn, will faire Regeln, „denn Menschen sollen von ihrer Arbeit leben können“, erklärt sie. Die Höhe des Mindestlohns soll nicht absolut, sondern 60 Prozent des Medianeinkommens des jeweiligen Landes betragen. Barley: „In Deutschland wären das ungefähr zwölf Euro.“
Gerechte Besteuerung von Unternehmen
Selbstverständlich müsse gelten: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit zwischen Frauen und Männern. Europa brauche aber auch Standards für Mitbestimmung und für eine gerechte Besteuerung von Unternehmen. Das müsse auch für digitale Unternehmen gelten. Die Digitalsteuer soll bis 2020 kommen, so Barley. Und immerhin: Zehn europäische Länder hätten sich inzwischen auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer verständigt. Einnahmen sollen in einen gemeinsamen Topf für Zukunftsprojekte fließen.
Für Barley ist Europa kein Zustand, sondern ein Prozess. Und auch, wenn Europa Baustellen hat, möchte sie einen positiven Ausgangspunkt wählen, sagt die Spitzenkandidatin. „Wir müssen unsere europäischen Geschichten erzählen, um die Menschen für Europa zu begeistern!“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.