Alle Einkommen beteiligen: Wie eine Bürgerversicherung die Renten sichert
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Die Rentenversicherung kann man getrost als das Herzstück des deutschen Sozialstaates bezeichnen. Die gesetzliche Rente ist nach wie vor wichtigste, für manche auch die einzige Einkommensquelle im Alter. Die Antwort auf die Frage, welche Rente die Menschen nach einem arbeitssamen Leben erwarten können, ist entscheidend für die Zustimmung zu unserem Sozialstaat.
Riesterförderung einstellen
Wer sein Leben lang gearbeitet hat und im Alter dennoch feststellen muss, dass es für einen schönen Lebensabend nicht reicht, dass er sein wenig Erspartes aufbrauchen und zum Sozialamt gehen muss, fühlt sich schlicht „verschaukelt“. Da hilft es auch nicht, dass man ihm erklärt, man habe ihm doch frühzeitig gesagt, dass er auch privat vorsorgen müsse.
40 Prozent unserer Bevölkerung leben praktisch von der Hand in den Mund. Das sind die Gründe, warum Riester gefloppt ist und mit ihm genauso die staatliche Förderung der betrieblichen Altersvorsorge. Statt nun gutem Geld schlechtes hinterher zu werfen, ist es höchste Zeit, Konsequenzen zu ziehen. Die milliardenteure Riesterförderung ist genauso einzustellen wie die steuerliche Förderung der betrieblichen Altersvorsorge. Stattdessen muss den Erwartungen der Arbeitnehmer wieder Rechnung getragen werden, die eine verlässliche gesetzliche Rentenversicherung wollen.
Andere Berufsgruppen einbeziehen
Dazu ist das alte vor-riestersche Rentenniveau von 53 Prozent wieder herzustellen. Niemand sollte uns weiß machen, dass die damit verbundenen 50 Milliarden, die an Mehrkosten für das Jahr 2030 geschätzt werden, in einer Volkswirtschaft mit einem Bruttoinlandprodukt von über drei Billionen Euro nicht aufzubringen wären. Ein Beitragssatz, der auf 25 Prozent klettert, wie ebenfalls geschätzt wird, wäre überhaupt nicht nötig. Dann nämlich, wenn wir aus der Rentenversicherung endlich eine moderne Bürgerversicherung machen, die alle Erwerbstätigen einbezieht.
Neben den 33 Millionen abhängig beschäftigten Beitragszahlern auch die 1,8 Millionen Beamte und die Millionen von Selbstständigen, auch dann, wenn sie beispielsweise als Apotheker, Ärzte, Rechtsanwälte jetzt noch in eigenen Versorgungskassen abgesichert sind. Eine Bürgerrentenversicherung hätte außerdem alle Einkommen zur Bemessung der Rentenbeiträge heranzuziehen, neben den Erwerbseinkommen genauso gut Mieteinnahmen oder Kapitalerträge.
Alle Einkommen beteiligen
Erst das würde einer Wirtschaft gerecht, in der mittlerweile ein Drittel aller Einkünfte aus Unternehmertätigkeit und Vermögen generiert werden. Alle Einkommen einzubeziehen heißt auch, sich – ähnlich wie beim Schweizer Modell – von der Beitragsbemessungsgrenze zu verabschieden und Solidarität einziehen zu lassen in die Rentenversicherung, in dem sehr viel höheren oder gar keinen Beitragsbemessungsgrenzen durchaus nur begrenzte Höchstrenten gegenüberstehen. Mit anderen Worten: Es wird Zeit, dass wir neben das Äquivalenzprinzip auch in der Rente das Solidaritätsprinzip stellen.
Dann wären wir auch in der Lage, für Menschen die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben eine Mindestrente zu garantieren. Die Details einer solchen Mindestrente sind außerordentlich kompliziert. Wer soll sie erhalten? Nach wieviel Versicherungsjahren? Geht es nur um Vollzeitbeschäftigte? Wenn ja, welche Ausnahmen werden gemacht, wenn bspw. Kinder oder Pflegebedürftige im Haushalt waren? Es gibt bei einer solchen Mindestrente – wie sie die Schweiz übrigens auch hat – vieles zu bedenken.
Mindestrente garantieren
Wenn der politische Wille jedoch da ist, sind die Probleme zu lösen und die Fragen zu beantworten. Keinesfalls jedoch darf eine Mindestrente verwechselt werden mit dem was derzeit unter „Lebensleistungsrente“ im Koalitionsvertrag niedergeschrieben ist. Was wir dort vorfinden, ist keine Rente, sondern eine andere Sozialhilfe.
Rente und Bedarfsprüfungen, wie sie die Lebensleistungsrente vorsieht, schließen sich aus. Auf eine Rente erwerbe ich Ansprüche. Eine Rente steht mir zu, egal welche Einkünfte ich sonst noch habe oder gar meine Ehepartnerin hat. Eine solche Lebensleistungsrente würde neben sehr viel Verwaltung nichts anderes als erneuten Frust erzeugen; wie es halt immer ist, wenn das Etikett nicht stimmt.