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Wie sich Jusos und Falken gegen den Rechtsruck stemmen

Auf vielfältige Weise engagieren sich Jusos und Falken gegen rechts. Sie diskutieren, leisten Überzeugungsarbeit und demonstrieren – was angesichts der aufgeheizten Stimmung sogar gefährlich sein kann.
von Paul Starzmann · 10. Oktober 2016
Jusos im Kampf gegen rechts
Jusos im Kampf gegen rechts

Die SPD-nahen Organisationen Jusos und Falken haben einiges gemeinsam: Ihre Mitglieder sind jung, eher links orientiert und zumeist weltoffen. Damit stellen die beiden Jugendverbände so etwas wie das genaue Gegenteil zur AfD dar: Deren Mitglieder sind eher mittleren Alters und nicht selten stramm rechts – den Ausdruck „weltoffen“ würden sie wohl eher als Schimpfwort verstehen.

AfD-Anhänger nicht „komplett beschimpfen“

„Keine Eins-zu-eins-Konkurrenz“ – so beschreibt der Falken-Bundesvorsitzende Immanuel Benz demnach auch das Verhältnis zwischen den Falken und rechten Jugendorganisationen wie der „Jungen Alternative“ oder der „Identitären Bewegung“. Die Zielgruppen seien schlicht zu verschieden: Jugendliche, die bereits „links anpolitisiert“ seien, seien eher immun gegen die Ideologie der Rechten, so Benz.

Die Falken engagierten sich aus verschiedenen Gründen gegen die Rechtspopulisten: Bereits vor Längerem hätten AfD und andere rechte Gruppierungen die Falken zum Feindbild erklärt, erinnert sich Benz. Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu mutmaßlich rechts motivierten Anschlägen auf Einrichtungen der Falken. Inhaltlich stehen Welten zwischen Falken und der Neuen Rechten: „Jugendpolitik würde es nach den Wünschen der AfD gar nicht geben“, ist sich Benz sicher. Deshalb sei es im Interesse junger Menschen besonders wichtig, gegen die Rechten Präsenz zu zeigen und „sich nicht verdrängen zu lassen“. Dabei müsse die AfD inhaltlich angegangen werden ohne dabei deren Anhänger „komplett zu beschimpfen“, wie der Falken-Vorsitzende betont.

Breite Bündnisse gegen rechts

Vor allem um solche Jugendliche, die sozial abzurutschen drohten, wollen sich Jusos und Falken kümmern. Die Juso-Kampagne „Kein Grund zur Panik“ soll positiv auf alle einwirken, „die verunsichert sind“, wie der stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende Stefan Brauneis erklärt. Die jungen Genossen wollen vor allem mit anderen progressiven Organisationen Bündnisse schmieden. Das Signal, so Brauneis: „Ihr seid nicht allein“ – etwa im Kampf gegen Neonazis im ländlichen Raum. Die Kooperationen der Jungsozialisten reichen von lokalen Jugendclubs über Migrantenselbstorganisationen bis hin zum „gemäßigten Teil der Antifa“, so Filippos Kourtoglu aus dem Bundesvorstand der Jusos.

Um den politischen Kampf gegen rechts langfristig zu gewinnen, müsse die SPD auf eigene Themen setzen, sind sich die Vertreter der parteinahen Jugendverbände einig. Es dürfe innerhalb der SPD „keine Hinwendung zur AfD“ geben, fordert Marcel Hopp, Chef der Jusos in Berlin-Neukölln. Stattdessen seien Themen gefragt, die bei Jugendlichen gut ankommen: Wohnen, Bildung, Netzpolitik – und vor allem eine menschenwürdige Asylpolitik seien Herzensangelegenheiten bei jungen Menschen, sagt Hopp. Um zu verhindern, dass sich Jugendliche von der Gesellschaft abgehängt fühlten, fordert Falken-Chef Benz konkrete politische Perspektiven: Investitionen in Schulen und Jugendclubs sowie mehr Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen – und: keine Ausnahmen beim Mindestlohn für Jugendliche.

Kampf gegen rechts bleibt gefährlich

Vereinzelt versuchen die Jusos, auch erklärte AfD-Sympathisanten mit Argumenten umzustimmen. Nicht immer gelinge das, viele AfD-Anhänger seien kaum mehr zu einem vernünftigen Gespräch bereit, bedauert Filippos Kourtoglu.

Wenn Dialog keinen Zweck mehr hat, setzen die Jusos auf Demonstrationen – wie im vergangenen Jahr bei einer von der AfD organisierten Lesung des rechten Autors Udo Ulfkotte im hessischen Offenbach: Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, protestierten rund 20 Jusos gegen Ulfkottes Thesen. Dieser sei damals sogar gewaltsam gegen einen 15-jährigen Juso vorgegangen. Als der junge Genosse Anzeige wegen Körperverletzung erstatten wollte, drohte Ulfkotte nach FR-Angaben bei Facebook: „Ich freue mich auf die Strafanzeige, weil ich natürlich den Namen des 15-Jährigen samt Adresse bekomme, (...) da freuen sich einige“.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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