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Wie die AfD versucht, den Anschlag von Hanau zu verharmlosen

Nach dem mutmaßlich rassistischen Anschlag von Hanau versucht die AfD, die Hintergründe der Tat umzudeuten. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil fordert unterdessen, die Partei vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
von Kai Doering · 21. Februar 2020
Beendet diesen Hass: Tausende gedachten der Opfer in Hanau, unter dem auch ein Gewerkschaftsmitglied war.
Beendet diesen Hass: Tausende gedachten der Opfer in Hanau, unter dem auch ein Gewerkschaftsmitglied war.

Jörg Meuthen war mal wieder schnell. Auf Twitter ordnete der Bundessprecher der AfD den rechtsextremen Anschlag von Hanau bereits Donnerstagmorgen für seine Follower ein. „Das ist weder rechter noch linker Terror, das ist die wahnhafte Tat eines Irren“, schrieb Meuthen und baute auch gleich jeglicher Kritik an seiner Person und der AfD vor: „Jede Form politischer Instrumentalisierung dieser schrecklichen Tag ist ein zynischer Fehlgriff.“

Bemerkenswert ist Meuthens Aussage deshalb, weil er sonst recht schnell bei der Hand ist, Presseberichte über Straftaten vermeintlicher Flüchtlinge aus dem gesamten Bundesgebiet über seinen Twitter-Account zu verbreiten – und damit der Bundesregierung ihre „verfehlte Flüchtlingspolitik“ vorzuhalten.

AfD stellt Hanau-Attentat als „Tat eines Geisteskranken“ dar

Am Freitag legte der AfD-Chef dann noch einmal nach. Der Hanau-Attentäter „hätte in die Psychiatrie gehört! Stattdessen will man UNS die Schuld in die Schuhe schieben. So schäbig & widerlich“, echauffierte sich Meuthen auf Twitter. In den Aussagen des Bundessprechers wird deutlich, welche Strategie die AfD verfolgt: den Anschlag als Tat eines geistig Verwirrten darzustellen, der keinerlei Verbindung zur Partei und ihren Äußerungen hat.

Bereits kurz nach der Tat nahmen AfD-Politiker*innen deshalb stets Bezug auf das Bekennerschreiben des 43-Jährigen Attentäters. „Dieser Text legt die Vermutung nahe, dass es sich um die Tat eines Geisteskranken handelt“, schrieb etwa AfD-Co-Sprecher Tino Chrupalla auf Facebook. Dass Attentäter Tobias R. in dem Schreiben ein rassistisches Weltbild vertritt, das die AfD häufig bedient, erwähnte Chrupalla nicht.

AfD: Merkel ist schuld, Deutschland ein „Irrenhaus“

Eine andere Strategie der Distanzierung wählte Georg Pazderski, indem er versuchte, die Verantwortung für das Hanauer Attentat Bundeskanzlerin Angela Merkel zu geben. „Ist das wirklich noch das 2017 von der Merkel-CDU beschworene ‚Deutschland, in dem wir gut und gerne leben?‘“, fragte der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus ironisch auf Twitter.

Auch Björn Höcke, AfD-Faschist aus Thüringen, meldete sich per Twitter zu Wort. „Der Wahnsinn scheint sich in diesem Land immer mehr auszubreiten“, schrieb Höcke. Dass Ausdrücke aus dem Bekennerschreiben des Hanauer-Attentäters Äußerungen Höckes (wie etwa dem „Volkstod durch Bevölkerungsaustausch“) stark ähneln, erwähnte der AfD-Politiker nicht.

Zudem ist Höckes „Wahnsinns“-Äußerung in einer argumentativen Linie mit einer Rede zu sehen, die er erst am vergangenen Montag bei einer Pegida-Kundgebung in Dresden gehalten hatte. Dort hatte er den Politikern anderer Parteien eine „geistige Störung“ attestiert und Deutschland als „Irrenhaus“ bezeichnet.

Roth: „AfD ist der politische Arm des Rechtsterrorismus“

Politiker anderer Parteien halten der AfD ihre scheinheilige Haltung inzwischen vor. „Ihnen wird der Rassismus angelastet, den Sie verbreiten“, schrieb SPD-Politiker Karl Lauterbach an die Adresse von Jörg Meuthen auf Twitter. Durch den Rassismus der AfD entstehe bei einigen der Eindruck, Moslems wären weniger wert als andere. „So tragen auch Sie zu den Morden maßgeblich bei.“

Europa-Staatsminister Michael Roth erneuerte seine Kritik, die AfD vergifte das politische Klima in Deutschland und trage so zu Taten wie der in Hanau bei. „Demokratieverachtung, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Islamfeindlichkeit fallen auf fruchtbaren Boden“, schrieb Roth auf Twitter. Deshalb bleibe er dabei: „Die AfD ist der politische Arm des Rechtsterrorismus!“

Als Konsequenz forderte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Freitag erneut, die AfD vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. „Da hat einer geschossen in Hanau, aber es gibt viele, die ihn munitioniert haben“, sagte er im „Morgenmagazin“ in der ARD. Die AfD habe das gesellschaftliche Klima vergiftet. Deshalb sei „völlig klar, dass die AfD eine Partei ist, die beobachtet werden muss vom Verfassungsschutz“. Das müsse nun „sehr schnell“ entschieden werden.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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