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Warum Leipzig am 30. Januar für die Demokratie demonstriert

Am 30. Januar jährt sich die sogenannten Machtergreifung der Nazis zum 90. Mal. In Leipzig gehen deshalb am Abend die Menschen auf die Straße um für Demokratie und Vielfalt zu demonstrieren. Sie haben dafür einen symbolträchtigen Ort gewählt.
von Kai Doering · 29. Januar 2023
 „Leipzig leuchtet“: Den Demonstrationen der Rechtsnationalisten etwas entgegensetzen.
„Leipzig leuchtet“: Den Demonstrationen der Rechtsnationalisten etwas entgegensetzen.

Für den 30. Januar haben Sie und andere eine Demonstration unter dem Motto „Leipzig leuchtet“ organisiert. Was ist der Anlass?

Anlass waren die Demonstrationen in Sachsen im vergangenen Jahr. Vor allem montags haben sich an unterschiedlichen Orten Gruppierungen zusammengefunden, gesteuert von rechtsnationalistischen Vereinigungen wie den „Freien Sachsen“, dem „Dritten Weg“ und der AfD. Inhaltlich ging es dabei vorgeblich erst gegen den Corona-Maßnahmen, dann gegen die hohen Energiepreise und den Krieg in der Ukraine. Die Rechtsnationalisten haben diese Anlässe aber genutzt, um ihre eigenen Ziele voranzutreiben, teilweise mit erschreckender Resonanz. Dem wollen wir mit „Leipzig leuchtet“, einer Demonstration für Demokratie und Menschenrechte, etwas entgegensetzen. Wir wollen ein deutliches Zeichen setzen für Vielfalt und Solidarität.

Der 30. Januar ist dafür sicher nicht zufällig gewählt.

Nein, dafür haben wir uns ganz bewusst entschieden, und zwar aus mehreren Gründen. Es ist in diesem Jahr der 75. Todestag von Mahatma Gandhi, aber auch der 90. Jahrestag der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten. Es dauerte damals nur wenige Wochen, bis die Demokratie in Deutschland von den Nazis in ihren Grundfesten zerstört war. Wir wollen deshalb an diesem Tag auch darauf hinweisen, wie fragil die Demokratie ist, wenn es an Demokrat:innen mangelt. Wie aktuell das ist, haben wir vor zwei Jahren in Washington und Anfang Januar in Brasilia gesehen. Demokratie ist kein Selbstläufer, aber sie ist die Grundlage eines friedlichen Zusammenlebens.

Nach einem Friedensgebet in der Nikolaikirche und einer Kundgebung auf dem Marktplatz wird die Demonstration auf dem Leipziger Ring stattfinden und damit dort, wo 1989 die Menschen gegen das DDR-Regime demonstrierten. Eine bewusste Entscheidung?

Natürlich! Die Friedliche Revolution 1989 war ein Aufbruch zur Demokratie. Daran wollen wir anknüpfen. Anfang der 90er Jahre stand der 9. Oktober in Leipzig unter der Überschrift „Aufbruch zur Demokratie“. Leider hat man sich kurze Zeit später davon verabschiedet und setzt heute nur noch die Schlagworte Freiheit und Einheit.

Für „Leipzig leuchtet“ haben Sie ein breites Bündnis auf die Beine gestellt. War es schwierig, Unterstützer zu gewinnen

Da bin ich vor allem Oberbürgermeister Burkhard Jung sehr dankbar. Als die Idee im Raum stand, am 30. Januar eine Veranstaltung zur Demokratie zu machen, hat er im November vergangenen Jahres etwa 50 Leute aus unterschiedlichen Bereichen der Stadtgesellschaft an einen Tisch geholt. Ich habe dann einen ersten Text für einen Aufruf verfasst, mit dem wir weitere Unterstützer:innen gesucht haben. Inzwischen sind mehr als 40 Vereine und Institutionen aus Leipzig mit dabei, vom Sportverein, über Kultureinrichtungen, Religionsgemeinschaften bis zu Gewerkschaften. Es beteiligen sich auch alle Parteien, außer der CDU – und natürlich der AfD.

Von wieviel Teilnehmer*innen gehen Sie aus?

Wir haben 10.000 angemeldet. Die brauchen wir auch, wenn wir den Ring ohne Lücke zum Leuchten bringen wollen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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