BNR

Wahlforscher: Deshalb war die AfD so erfolgreich

Mit den Themen Einwanderung, Islam und Kriminalität konnte die AfD nicht nur im rechten Lager punkten. Auch die SPD verlor viele Wähler an die Rechtspopulisten. Die will sie nun zurückholen. Doch die Wahlforscher warnen: Die AfD ist ein kulturelles, kein sozialpolitisches Problem.
von Lars Haferkamp · 24. September 2017
placeholder

Die Wählerwanderung von infratest-dimap im ARD-Fernsehen zeigt es klar: Die AfD-Wähler kamen aus vielen verschiedenen Lagern zu den Rechtspopulisten. Danach wanderten rund 1,3 Millionen bisherige Nichtwähler und über eine Million früherer Wähler der Unionsparteien zur AfD. Doch auch SPD und Linke verloren jeweils rund eine halbe Million Wähler an die Rechtspopulisten.

AfD-Wähler: Enttäuschung über Merkels Flüchtlingskurs

Dass die AfD-Wähler gegenwärtig vor allem Protestwähler sind, zeigen die Zahlen von infratest-dimap. 60 Prozent der befragten AfD-Wähler fällten ihre Wahlentscheidung aus Enttäuschung über andere Parteien, nur 31 Prozent aus echter Überzeugung für die AfD.

Fragt man die AfD-Wähler nach den Gründen für ihre Enttäuschung, so sind die Antworten eindeutig. 89 Prozent sagen, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe berechtigte Sorgen in der Flüchtlingspolitik vernachlässigt. 86 Prozent sind der Meinung, zwölf Jahre Merkel seien genug. Und – ein interessanter Befund für den Streit innerhalb der Unionsparteien um den Kurs in der Flüchtlingspolitik – 72 Prozent der befragten AfD-Wähler fänden es gut, wenn man die CSU auch außerhalb Bayerns wählen könnte.

62 Prozent aller Befragten fürchten mehr Kriminalität

Dass die AfD-Wähler mit ihren Sorgen in der Bevölkerung nicht alleine stehen, zeigen weitere Zahlen von infratest-dimap. 49 Prozent aller Befragten finden, die AfD habe die Sicherheitssorgen der Bürger besser verstanden als die anderen Parteien. 37 Prozent unterstützen das Ziel der AfD, den Einfluss des Islam in Deutschland zu verringern. 35 Prozent begrüßen es, dass die AfD den Flüchtlingszustrom in die Bundesrepublik stärker begrenzen will als die anderen Parteien.

Die AfD scheint laut infratest-dimap mit ihren Wahlkampfthemen weitverbreitete Sorgen und Ängste in der Bevölkerung angesprochen zu haben. So machen sich 62 Prozent aller Befragten Sorgen, dass die Kriminalität in Deutschland massiv zunimmt. 46 Prozent fürchten, dass der Einfluss des Islam in der Bundesrepublik wächst. 38 Prozent haben die Sorge, dass zu viele Fremde ins Land kommen.

SPD: Flüchtlingspolitik spaltet das Land noch immer

Die SPD hat erkannt, dass sie Probleme hat, die eigene Wählerschaft von ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik zu überzeugen. „Die Aufnahme von einer Million Flüchtlingen spaltet unser Land noch immer“, sagte SPD-Chef Martin Schulz am Wahlabend. Es sei nicht gelungen, deutlich zu machen, „dass Deutschland stark genug ist, um niemanden zu vergessen“.

ARD-Statistikexperte Jörg Schönenborn hat zu den AfD-Wählern eine Botschaft, die für die SPD wichtig sein könnte: „Unsere Daten legen nahe, dass soziale Not oder der Wunsch nach stärkerem sozialen Austausch nur bei wenigen dieser Gruppe den entscheidenden Ausschlag geben.“ Vielmehr sei unter den AfD-Wählern der Wunsch extrem stark, Veränderungen in der Gesellschaft zu vermeiden. 95 Prozent der AfD-Wähler hätten zum Beispiel Sorge, dass die deutsche Kultur und Sprache in den Hintergrund geraten, so Schönenborn. Dies zeigt für ihn: „Die AfD ist vor allem ein kulturelles und kein sozialpolitisches Phänomen.“

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare