Trotz „Safer Internet Day“: Das Netz bleibt gefährlich
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Das Internet ist ein gefährlicher Ort. Aus diesem Grund rief die EU-Kommission 1999 den „Safer Internet Day“ ins Leben. Seither machen Aktivisten jedes Jahr am 7. Februar auf die Gefahren aufmerksam, die überall im Internet lauern: von Cyber-Mobbing über Datendiebstahl bis hin zur Online-Abzocke.
Mit den Gefahren im Internet kennen sich auch die Mitarbeiter des österreichischen Vereins „Mimikama“ gut aus. Die Organisation hat sich der Aufklärung im Netz verschrieben, dem Kampf gegen Fake News, gegen gezielte Desinformation. Kein Wunder, dass „Mimikama“ immer wieder im Fokus rechter Hetzer steht.
„Migrantenschreck“ abgeschaltet
Das jüngste Beispiel für Anfeindungen aus der rechten Szene hat mit der Webseite „Migrantenschreck.ru“ zu tun. Auf der Seite wurden bis vor kurzem Schreckschusswaffen zum Kauf angeboten. Waffen mit einer solchen Durchschlagskraft, dass sie schwere Verletzungen zur Folge haben können – weswegen sie nach dem deutschen Waffenrecht verboten sind. Dazu verbreitete die Seite Gerüchte über Migranten – offenbar um bei den Kunden Ängste zu schüren, damit diese sich Waffen zur vermeintlichen Selbstverteidigung gegen Zuwanderer kaufen.
Die Webseite ist inzwischen abgeschaltet. Vielleicht ist der Druck der Behörden gegen den Betreiber, einen Thüringer Neonazi namens Mario Rönsch, zu groß geworden. Nachdem die Behörden monatelang ermittelt hatten, durchsuchte der Zoll Ende Januar bundesweit 29 Privatwohnungen, an die „Migrantenschreck“ illegale Waffen geliefert hatte.
„Pogrom gegen Migrantenschreck-Kunden“
Das Ende von „Migrantenschreck.ru“ haben die Betreiber nicht verkraftet, wie es scheint: Die Seite „Anonymousnews“, die dem Rönsch-Umfeld zugerechnet wird, ruft nun zum Gegenschlag auf. Offenbar sind die Rechten mehr als erbost über den staatlichen Druck – und auch über die Aufklärungsarbeit von „Mimikama“.
Sie behaupten, dass die Razzien des Zolls ein „Pogrom gegen Migrantenschreck-Kunden“ gewesen seien. Für die Hausdurchsuchungen machen die Rechten zwei „Mimikama“-Mitarbeiter verantwortlich. Die beiden „schwerkriminellen Denunzianten“ sollen angeblich Kundendaten gehackt und an die Behörden weitergereicht haben. Allerdings: „Wir haben nichts gehackt. Wir sind gar nicht in der Lage zu hacken“, stellte „Mimikama“-Pressesprecher Andre Wolf am Dienstag gegenüber vorwärts.de klar.
Listen mit politischen Gegnern
Die Behauptungen von „Anonymousnews“ seien völlig aus der Luft gegriffen. Nichts als üble Nachrede. Dass auf der rechten Webseite neben der Falschdarstellung auch zwei Adressen als vermeintliche Anschriften der „Mimikama“-Mitglieder veröffentlicht sind, wertet der Verein jedoch als „indirekten Aufruf zur Nötigung“. „Man weiß nie, welche Person irgendwann die Kontrolle verliert“, so Andre Wolf. Ein Blick in die Kommentarspalten des sozialen Netzwerks „VK “ gibt ihm Recht: Unverhohlen rufen dort die User zur Gewalt auf – eine Userin schreibt: „Diese beiden Verräterschweine kommen gleich auf meine Liste. Man will ja niemanden auslassen, wenn wir zurückschlagen.“
Mimikama: Blogger des Jahres
Wolf erkennt in den Anfeindungen gegen seine Organisation „eine Art Bedrohung“. Allerdings gesteht er auch ein, dass die Mitarbeiter bei „Mimikama“ angesichts der vielen Hassbotschaften inzwischen abgestumpft seien. Das Ziel der rechten Hetzer sei, den Verein zu schwächen. Die Vereinsvertreter zeigen sich jedoch unbeeindruckt: „Die Arbeit des Vereins Mimikama wird durch diese erneuten Vorfälle unbeeinträchtigt bleiben“.
Dass ihre gesamte Arbeit in Sachen Internet-Aufklärung Ende Januar mit dem Berliner Preis „Die Goldenen Blogger 2016“ ausgezeichnet wurde, sei nur Bestärkung weiterzumachen, findet Wolf. Angesichts der rechten Hetze gegen seinen Verein, sei der Preis so etwas wie „die Sonnenseite des Ganzen“.
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.