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SPD-Generalsekretär Degen zu Hanau: „Es gibt ein strukturelles Problem in ganz Hessen“

Nach der rassistisch motivierten Gewalttat in Hanau fordert der hessische SPD-Generalsekretär Christoph Degen einen stärkeren Fokus auf Rechtsextremismus. Die hessische Landesregierung müsse deutlicher hingucken und dürfe nichts schön reden an der Lage im Bundesland.
von Jonas Jordan · 20. Februar 2020
Christoph Degen ist Generalsekretär der hessischen SPD.
Christoph Degen ist Generalsekretär der hessischen SPD.

Wie haben Sie von der Tat erfahren?

Ich war heute Morgen schon um kurz nach fünf Uhr wach und habe wie üblich in meinen Facebook-Account geschaut. Da habe ich gleich gesehen, was offenbar los ist und mich dann weiter informiert.

Der hessische Innenminister Peter Beuth von der CDU sprach bereits von einem „fremdenfeindlichen Motiv“. Wie schätzen Sie die Geschehnisse ein?

Das scheint offensichtlich so zu sein. Trotzdem finde ich, muss man das erst mal den Ermittlungsbehörden überlassen und keine voreiligen Schlüsse ziehen, sondern abwarten. Sollte sich bewahrheiten, dass es wieder fremdenfeindliche Motive sind, dann würde das an Taten im vergangenen Jahr anknüpfen wie den Mord an Walter Lübcke und auch den Anschlag bei uns im Kreis in Wächtersbach. Es wäre wieder ein verheerendes Zeichen dafür, dass wenn Hass gesät wird, der auch irgendwo aufgeht.

Im vergangenen Jahr der rassistische Anschlag auf einen Eritreer in Wächtersbach, jetzt die Geschehnisse in Hanau. Gibt es ein strukturelles Problem mit Rechten im Main-Kinzig-Kreis?

Es gibt ein strukturelles Problem in ganz Hessen, das von der Landesregierung leider immer wieder heruntergespielt wird. Erst am Dienstag haben wir die Regierungserklärung des hessischen Innenministers erlebt, in der er sich für die guten Aufklärungsquoten gelobt hat. Ich glaube, man muss deutlicher hingucken und darf nichts schön reden an der Lage im Bundesland. Wir haben eine zunehmende Anzahl von Gewalttaten mit rechts gerichteten Motiven.

Wie reagiert die SPD jetzt?

Es geht jetzt erst einmal darum, den Angehörigen Beileid auszusprechen, den Getöteten zu gedenken, den Verletzten eine gute Besserung und ganz viel Kraft zu wünschen. Auch wenn ich glaube, dass dort wahrscheinlich nicht nur körperliche Wunden entstanden sind, sondern Wunden, die vermutlich niemals verheilen werden. Genauso möchte ich den Einsatzkräften danken. Heute Abend wird es um 18 Uhr wird es eine Kundgebung in Hanau auf dem Marktplatz geben, an der auch unsere Landes- und Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser und ich teilnehmen werden.

Wie an den Reaktionen in sozialen Netzwerken zu sehen ist, gibt es jetzt viele Menschen, die verunsichert sind und Angst haben. Gerade Menschen mit Migrationshintergrund. Was kann man tun, um die Zivilgesellschaft zu stärken und den Menschen wieder etwas Mut zu machen?

Es ist wie bei vielen Anschlägen in letzter Zeit: Wir müssen uns klar machen, dass wir deswegen nicht unsere Art zu leben und unseren offenen Umgang miteinander auf keinen Fall einstellen dürfen. Denn dann hätten die Attentäter am Ende gewonnen, wenn wir uns von der Straße zurückziehen und uns von der Angst beherrschen lassen. Auch wenn es schwierig ist, kann ich nur appellieren, sich nicht davon einschüchtern zu lassen. 

Sollte man sich stärker auf die Worte des früheren hessischen SPD-Ministerpräsidenten Georg-August Zinn besinnen, der einmal gesagt hat: „Hesse ist, wer Hesse sein will?“

Na klar! Es geht darum, dass der Zusammenhalt weiter gestärkt wird. Wir müssen deutlich machen, dass wir keinen rechten Hass und keine rechte Hetze in Hessen, im Main-Kinzig-Kreis und in Hanau haben wollen. Diejenigen, die das verbreiten, kommen jetzt hoffentlich mal zur Besinnung und stellen das ein. 

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Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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