So will die Bundesregierung Rechtsextremismus und Rassismus bekämpfen
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Um Details war lange gerungen worden. Am Mittwoch gab es nun eine Einigung. Der Kabinettsausschuss der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus hat sich auf einen umfassenden Maßnahmenkatalog verständigt, mit dem Rassismus und Rechtsextremismus bekämpft und die Demokratie gefördert werden sollen. Es wurden 89 verschiedene Punkte vereinbart.
Ein „Demokratie-Kompass“ soll demokratische Einstellung untersuchen
Dazu gehört, ein „stärkeres Bewusstsein für Rassismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen“ zu schaffen ebenso wie die Unterstützung von Betroffenen und eine konsequentere Strafverfolgung rassistisch motivierter Taten. So sollen verschieden Studien Rassismus in den Sicherheitsbehörden ebenso wie in der gesamten Gesellschaft untersuchen. Beim Bundesinnenministerium soll zudem ein „gesellschaftlicher Beirat zur Förderung der wehrhaften Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ eingesetzt werden.
Auch soll die politische Bildung gestärkt und ein „Demokratie-Kompass“ eingeführt werden. Dieser soll regelmäßig auf Bundesebene die demokratische Einstellung in der Gesellschaft untersuchen. Bislang gibt es solche Erhebungen nur für einzelne Bundesländer.
Wer Opfer einer rassistischen Straftat geworden ist, soll künftig mehr Hilfe erhalten. Dazu wird eine Opferschutzplattform eingerichtet. Antisemitische oder rassistische Beleidigungen, die direkt an die Betroffenen gerichtet sind und deshalb nicht als Volksverhetzung gelten, sollen künftig strafbar sein. Zudem wird der Begriff „Rasse“ in Artikel 3 des Grundgesetzes ersetzt.
„Förderung der wehrhaften Demokratie“ per Gesetz
Lange gerungen wurde um die Frage, wie die Arbeit von Initiativen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie langfristig finanziell gesichert werden kann. Die SPD hatte seit langem auf ein „Demokratiefördergesetz“ gedrungen, in dem dies geregelt wird. Das Gesetz wird zwar nun anders heißen – im Papier des Kabinettssauschusses ist die Rede von einem „Gesetz zur Förderung der wehrhaften Demokratie“ – aber inhaltlich soll es denselben Zweck erfüllen.
„Damit setzen wir ein weiteres richtiges und notwendiges Zeichen, dass der Staat die Bekämpfung jedweder Form von Extremismus als Daueraufgabe ernst nimmt“, sagt deshalb Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Wiese bezeichnet die beschlossenen Maßnahmen als „ein wichtiges Signal für unsere Demokratie“. Die Ersetzung des Begriffs „Rasse“ im Grundgesetz unter Beibehaltung des Schutzniveaus und die Einsetzung eines Bundesbeauftragten gegen Rassismus ab 2022 seien „wichtige Verhandlungserfolge der SPD“.
Freude bei Giffey und Scholz
„Der Weg ist frei für das ‚Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz‘“, freut sich auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. Die Sozialdemokratin hatte sich seit langem stark gemacht für eine stetige Förderung von Demokratieprojekten, von denen die meisten in ihrem Ministerium angesiedelt sind. „Deutschland braucht diese dauerhafte Demokratieförderung“, sagt Giffey. Gemeinsam mit Bundesinnenminister Horst Seehofer werde sie „nun zügig die nächsten Schritte dafür einleiten“.
Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigt sich zufrieden. „In einer Zeit, in der rechte Demonstranten Reichsflaggen vor dem Bundestag schwenken und bei Kundgebungen der Holocaust verharmlost wird, stärken wir mit konkreten Maßnahmen den Kampf gegen rechts“, schrieb er auf Twitter. Zwischen 2021 und 2024 will der Bund für die geplanten Maßnahmen mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Der Haushalt für das kommende Jahr soll bereits um 150 Millionen Euro aufgestockt werden.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.