So kämpfen Eintracht Frankfurt und seine Fans gegen Rassismus
„Wehret den Anfängen von Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus!“ – die Aussage von Peter Fischer könnte kaum deutlicher sein. Auf der Mitgliederversammlung des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt im Januar 2018 bezieht dessen Präsident klar Stellung gegen die AfD. Es sei unvereinbar, Mitglied einer Partei wie der AfD zu sein oder diese zu wählen und sich gleichzeitig zu den in der Satzung verankerten Werten von Eintracht Frankfurt zu bekennen. „Prüft euch selbst und prüft euch ehrlich. Denn beides geht nicht zusammen“, sagt Fischer in einer viel beachteten Rede.
Erst Affenlaute, dann Antirassismuskampagnen
Wer Fischers Engagement und das des Vereins gegen Rassismus verstehen will, muss zurückschauen ins Jahr 1989, genauer gesagt auf den 21. Juni. Damals spielt Eintracht Frankfurt in der Relegation gegen den 1.FC Saarbrücken um den Verbleib in der 1. Bundesliga. Für die Saarländer läuft im Angriff Anthony Yeboah auf, einer der ersten afrikanischen Spieler im deutschen Fußball. Yeboah, der ein Jahr später nach Frankfurt wechselt, wird von Eintracht-Fans mit Affenlauten verunglimpft und mit Bananen beworfen.
Die Frankfurter Fanszene wandelt sich daraufhin, diskutiert offen über Rassismus und gründet die Organisation „United Colours of Bembeltown“. Bei der Fahrt mit der S-Bahn vom Frankfurter Hauptbahnhof zum Waldstadion, in dem die Eintracht ihre Heimspiele austrägt, fällt der Blick heute unweigerlich auf eine Hauswand im Stadtteil Niederrad. Dort prangt seit einigen Jahren meterhoch Yeboahs Konterfei, versehen mit dem Zitat von ihm: „Wir schämen uns für alle, die gegen uns schreien.“
Eine Stadt gegen Rassismus, Faschismus und Homophobie
Insofern passt auch die jüngste Aktion von Sebastian Braun ins Bild der Frankfurter Fanszene, die tolerant sein will und sich gegen Rassismus engagiert. 1.000 Sticker hat der 32-Jährige vor wenigen Monaten drucken lassen. Mit der Aufschrift „Eine Stadt. Ein Verein. Gegen Rassismus, Faschismus, Homophobie.“ Diese verteilt er zunächst im Stadion und im Freundeskreis.
„Ich wollte aktiver gegen die Entwicklung in Deutschland eintreten, dass Faschismus und Rassismus wieder salonfähiger geworden sind“, sagt Braun. Sticker sind für ihn „die Sprache der Straße“. Jeder gehe an ihnen vorbei, „egal ob arm oder reich, egal ob weiß oder schwarz“.
50.000 Sticker dank Jan-Aage Fjörtoft
Der Bereichsleiter einer Medizintechnikfirma ist überrascht über die extrem positive Resonanz, die er auf seine Sticker bekommt. Inzwischen hat er 50.000 Stück drucken lassen, die er zum Selbstkostenpreis abgibt. Zum Erfolg trägt auch bei, dass die norwegische Eintracht-Legende Jan-Aage Fjörtoft die Aktion auf Twitter mit seinen fast 200.000 Abonnenten teilt. So kommen die Aufkleber in die ganze Welt, nach Budapest, aber auch nach China oder Thailand.
Braun ist stolz: „Ich bekomme ganz viele Einsendungen. Am Anfang war es mein Projekt. Inzwischen ist es das der Eintracht-Fans.“ Der Erfolg zeige ihm aber auch, dass er mit seiner Einschätzung richtig liege: „Im Verein Eintracht Frankfurt und bei den Fans gibt es einen ganz starken Wunsch, zum Ausdruck zu bringen, dass wir bunt sind, für Vielfalt stehen und uns gegen Rassismus, Faschismus und Homophobie positionieren.“
Inzwischen hat sich auch Eintracht-Präsident Peter Fischer bei Braun gemeldet. Die beiden telefonierten 20 Minuten lang und wollen sich demnächst zum gemeinsamen Abendessen in Frankfurt treffen. Denn Fischer möchte den Menschen hinter der Aktion kennenlernern. In einem Video, das der Verein in den sozialen Medien veröffentlicht hat, unterstützt Fischer die Sticker-Aktion ausdrücklich: „Ich hab‘ ganz viele geklebt. Eine Stadt, ein Verein, gegen Rassismus, Faschismus, Homophobie – das sind die Werte des Vereins und natürlich auch meine Werte.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo