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Sachsen-Anhalt: SPD erstattet Anzeige gegen AfD-Landeschef

AfD-Landeschef André Poggenburg hat sich den Ruf des Hardliners in seiner Partei über lange Zeit erarbeitet. Chat-Protokolle und eine Äußerung zum Islam bringen den Fraktionsvorsitzenden nun in Bedrängnis.
von Robert Kiesel · 22. Juni 2017
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Nach einem umstrittenen Twitter-Beitrag zum Islam hat die SPD-Fraktion in Sachsen-Anhalt wegen des Verdachts auf Volksverhetzung Anzeige gegen AfD-Landeschef André Poggenburg erstattet. Eine dementsprechende Erklärung veröffentlichte Rüdiger Erben, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, am Mittwoch auf seiner Homepage. Anlass für die Anzeige ist ein Tweet Poggenburgs vom vergangenen Samstag. Darin hatte er den Islam mit „Terror, Gewalt und Co“ gleichgesetzt.

SPD: Poggenburg überschreitet „rote Linie“

„So eine pauschale Diffamierung legt aus unserer Sicht die Axt an die Grundlagen unserer freien und solidarischen Gesellschaft“, erklärte Erben und bezeichnete die Aussage Poggenburgs als „rote Linie“, die auch im demokratischen Streit nicht überschritten werden dürfe. „Auch wenn es nicht sinnvoll ist, jeder Provokation auch die vom Provokateur eingeplante öffentliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, kann manches nicht unkommentiert und folgenlos bleiben“, so Erben weiter. Im Wortlaut hatte Poggenburg mit Bezug auf einen Bericht über die geringe Beteiligung an einer Demonstration von Muslimen gegen Terror und Gewalt geschrieben: „Verwundert überhaupt nicht. Islam steht eben für Terror, Gewalt & Co., warum sollten Muslime dagegen demonstrieren?“.

Der Fall ist nicht der einzige, der den zuletzt wegen zahlreicher Streitigkeiten innerhalb der AfD-Fraktion umstrittenen Landeschef unter Druck setzt. Zu Wochenbeginn auf dem Internetportal linksunten.indymedia.org veröffentlichte Protokolle eines WhatsApp-Chats von Mitgliedern des AfD-Landesverbands in Sachsen-Anhalt belegen, dass Teile der Partei vor rechtsextremen Aussagen nicht zurückschrecken. Unter anderem schwadronierten Mitglieder der Gruppe darüber, wie nach der „Machtergreifung“ mit Journalisten umzugehen sei und schlugen vor, diese zu „sieben“. Andere schlugen vor, Flüchtlinge in die Wüste zu schicken, um dort Sand zu sieben. Mitglied der Gruppe war auch André Poggenburg, der die Aussagen - so er sie denn gelesen hat - unwidersprochen ließ.

Pähle: AfD nutzt Versatzstücke des Nationalsozialismus

Poggenburg selbst sorgte mit der Formulierung „Deutschland den Deutschen“ in der vermeintlich internen Chatrunde für Empörung und wurde dafür umgehend scharf kritisiert. Der AfD-Abgeordnete selbst wies die Anschuldigungen via Twitter zurück: „Wieso sollte mich das in Bedrängnis bringen? Natürlich gehört "Deutschland den Deutschen" u so soll's auch bleiben!“, schrieb Poggenburg am Dienstag. Für Uwe Wurlitzer, Generalsekretär der AfD in Sachsen, waren die Äußerungen Poggenburgs dagegen Anlass dafür, seinen Parteikollegen in die Nähe der rechtsextremen NPD zu rücken. „Wenn Herr Poggenburg die Formulierung gebraucht und verteidigt, dann ist der in der NPD besser aufgehoben“, hatte Wurlitzer am Donnerstag gegenüber der „Funke-Mediengruppe“ erklärt.

Losgelöst von den aktuellen Fällen kritisierte die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Sachsen-Anhalt, Katja Pähle, die Sprache der AfD: „Ob im Chat, im Netz oder im Landtag: Die Sprache der AfD greift bewusst auf Versatzstücke aus dem Nationalsozialismus zurück“, so Pähle am Mittwoch. Anlass für die Erklärung waren mehrere Formulierungen in Anträgen der AfD, die diese am Mittwoch in den Landtag von Sachsen-Anhalt eingebracht hatte. Darin war unter anderem vom „Merkel-Regime“ und „kulturzerstörender Zuwanderung“ die Rede. Auch wenn solche Formulierungen der Provokation demokratischer Fraktionen diene, müsse laut Pähle unmissverständlich festgehalten werden: „An eine solche Sprache wollen wir uns nicht gewöhnen, und wir werden sie nicht akzeptieren.“

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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