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Rechtspopulismus: Wie sich AfD, Pegida und Co. stoppen lassen

Wut, Verachtung, Abwertung – das sind die Zutaten des Rechtspopulismus, sagt die Wissenschaftlerin Beate Küpper. Rechte Ressentiments seien in unserer Gesellschaft viel weiter verbreitet als viele es wahrhaben wollten. Bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin stellt Küpper neue Strategien gegen rechts vor.
von Paul Starzmann · 10. Mai 2016
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Die Mordserie des sogenannten NSU, unzählige Brandanschläge auf Asylunterkünfte, die Wahlerfolge der AfD – all dies sei nur die berühmte Spitze des Eisbergs, der sichtbare Teil des rechten Gedankenguts in der Gesellschaft, sagt Beate Küpper. Seit Jahren erforscht die Wissenschaftlerin das Thema Rechtspopulismus. Angesichts der vielen „hässlichen Dinge“, die in jüngster Zeit in Deutschland zutage treten, bekommt es selbst die sachliche Forscherin mit der Angst zu tun – mit der Angst, „dass die Stimmung kippt“, wie sie sagt.

Küpper über Maischberger: Jeden Dienstag wird gehetzt

Spätestens seit den jüngsten AfD-Wahlerfolgen im März 2016 prägt der Rechtspopulismus die politische Debatte in Deutschland. Viele Wähler, Politiker und Pressevertreter scheinen ihre Berührungsängste verloren zu haben, wenn es um die Positionen von AfD, Pegida und Co. geht. Wie selbstverständlich laden die großen Talkshows AfD-Politiker wie Frauke Petry ein, kritisiert Beate Küpper. Bei „Maischberger“ werde jeden Dienstag öffentlich gehetzt, sagt sie – gegen Roma, Homosexuelle, Muslime und den angeblichen „Genderwahn“. Denjenigen Menschen, die sich solidarisch mit den Geflüchteten zeigen, werde dagegen weniger Sendezeit eingeräumt.

Wenn die Zeitungen nur noch Bilder von überfüllten Bahnhöfen und verschmutzten Aufnahmelagern zeigten, dann „macht das etwas mit uns“, so Küpper. Das Verhalten der Medien sei teilweise „fahrlässig“. Dass etwa Thilo Sarrazin im Fernsehen immer wieder zu Integrationsfragen interviewt werde, suggeriere Sachverstand, den der Ex-Banker Sarrazin ganz offensichtlich nicht habe, sagt Küpper. Und schiebt hinterher: „Woher auch?“

Ängste nicht mit Fakten verwechseln

Die Medien trügen damit zu einer Stimmung in der Gesellschaft bei, in der gewalttätiges Verhalten wahrscheinlicher werde, sagt die Konfliktforscherin Küpper. So gab rund ein Fünftel der Befragten in der FES-Mitte-Studie aus dem Jahre 2014 an, Gewalt gegen Asylheime sei „verständlich“. An diese Einstellung knüpfe Pegida an, betont Küpper. Die selbsternannten Patrioten richteten sich gegen Minderheiten wie Migranten oder Homosexuelle, die in den letzten Jahren vermehrt ihre Rechte eingefordert und durchgesetzt haben. Dabei spielten bei den „besorgten Bürgern“ Ängste keine Rolle – es gehe vielmehr um die fehlende Bereitschaft, die eigenen Privilegien zu hinterfragen und abzugeben. Hinzu komme eine diffuse „wahnsinnige Wut“, die von den Medien durch „Angstbegriffe“ weiter geschürt werde.

Die Politik dürfe sich nicht weiter treiben lassen von den Panikmachern aus der rechten Ecke, waren sich alle Teilnehmer der Veranstaltung „Sündenböcke gesucht! Flüchtlingszuwanderung und Rechtspopulismus“ bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin einig. Küpper fordert, bei der Bevölkerung an dem Gefühl „nichts hergeben zu wollen“ zu arbeiten. Nicht die sozial Schwachen seien vorwiegend für rechtspopulistische Einstellungen anfällig, sondern vor allem die relativ Wohlsituierten mit ihrer Sorge um die eigenen Privilegien neigten zur Abwertung von Asylsuchenden. Dabei gehe es um ein „Gefühl der Bedrohung“ durch Migranten, das jedoch nichts mit Fakten zu tun habe.

„Zurücklehnen und aufatmen ist nicht“

Politik und Gesellschaft müssen am Ball bleiben, fordert Küpper. Die Grenzen zwischen Populismus und Rechtsextremismus seien fließend geworden. Es sei wichtig, Demokratie einzuüben – nur eine unbegründete, diffuse Meinung zu vertreten, reiche nicht aus für den politischen Diskurs. Auch müsse die Gesellschaft „klare Normen der Gleichwertigkeit setzen“ und gegen Law-and-Order-Denken vorgehen. Denn: Wer für straffe Hierarchien sei, erklärt Küpper, der sei auch gegen gesellschaftliche Vielfalt und Gleichberechtigung. Die damit verbundene Abwertung sei das „Einfalltor für Rechtspopulismus“.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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