Rassismus: Wie die Thüringer Polizei mit diesem Tatmotiv umgeht
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Täglich werden in Deutschland fünf Menschen Opfer rechter Gewalt. Das geht aus der Jahresstatistik für 2022 der Opferberatungsstellen hervor. Laut der Untersuchung erreicht die Zahl der Betroffenen mit 2.871 einen neuen Höchststand. Bei mehr als der Hälfte der Fälle sei Rassismus das dominante Tatmotiv – nur: Polizei und Gerichte würden ihn als Tatmotiv nur selten sehen.
„Häufig wird Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt selbst die Schuld oder eine Mitverantwortung an einem Angriff zugeschrieben“, erklärt Doris Liebscher, Juristin und Leiterin der Ombudsstelle zum Berliner Antidiskriminierungsgesetz. Insbesondere „werden rassistische Motive von Ermittlungsbehörden und auch von Gerichten nicht als solche erkannt oder berücksichtigt“, sagt sie.
Ausbildung von Polizist*innen mit externen Partner*innen
Zwar hätten die Bundesländer in diesem Bereich nachgeschärft – dennoch: Es „besteht beim Thema Rassismus eine große Lücke.“ Sie fordert daher flächendeckend Rassismusbeauftragte bei Polizei und Justiz. „Diese Kompetenzlücke können wir nicht bestätigen“, erklärt dagegen Daniel Baumbach von der Pressestelle Thüringer Innenministeriums.
Als Maßnahme, um unter anderem rassistische Tatmotive zu erkennen, führt er die Seminare und Schulungen in der Ausbildung der Polizeianwärter*innen an „sowie die ständige und immer wiederkehrende Weiterbildung von Polizist*innen“. Die Besonderheit: „In Thüringen arbeitet das Bildungszentrum der Polizei dafür auch mit externen Bildungspartner*innen zusammen“, unter anderem mit dem Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment in Trägerschaft der Zentralwohlfahrtsstelle der Jüd*innen in Deutschland.
Vertrauensstelle für Opfer von Rassismus
Eine ähnlich gelagerte Partnerschaft gebe es auch mit den Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. „Das Thema Rassismus ist also ständig präsent und wird immer wieder reflektiert“, sagt Daniel Baumbach. Und es gibt eine weitere Besonderheit: Auf die Frage, ob ein Rassismusbeauftragter in den Sicherheitsbehörden, das von den Expert*innen beschriebene Problem lösen kann, antwortet Daniel Baumbach: „In Thüringen gibt es eine Vertrauensstelle der Polizei, an die sich Opfer von rassistischen Vorfällen wenden können.“
2022 seien dort drei Fälle vonseiten der Polizei eingegangen. Es handelte sich dabei um Fälle, in denen die Betroffenen das Verhalten oder die Maßnahmen der Polizei als rassistisch oder im Sinne eines „Racial Profilings“ wahrgenommen hätten. Den Fällen werde nachgegangen, man führe Gespräche und es werde vermittelt. Die Vertrauensstelle sei derzeit mit drei Mitarbeitenden besetzt – „eine vierte Stelle ist ausgeschrieben“.