Politische Stiftungen: „Kein Geld für Verfassungsfeinde“
Janine Schmitz/photothek.de
Seit Jahrzehnten gibt es politische Stiftungen in Deutschland, bislang jedoch ohne Stiftungsgesetz. Warum?
Weil wir bisher eine faire Mittelverteilung hatten, die das Bundesverfassungsgericht weder in einem Grundsatzurteil 1986 noch danach beanstandet hat. Jetzt hat der Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen, dass wir nur Stiftungen Zuwendungen aus Steuermitteln zukommen lassen können, bei denen es keine Zweifel an ihrer Verfassungstreue gibt. Diese Zweifel haben wir bei der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Deshalb haben wir sie im Haushalt 2022 ausgenommen. In den Vorjahren haben wir sie nicht berücksichtigt, weil politische Stiftungen entsprechend unserer vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Praxis immer erst Steuergelder bekamen, wenn die ihr nahestehende Partei eine zweite Wahlperiode im Bundestag war.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun nicht gesagt, dass diese Nichtberücksichtigung der DES verfassungswidrig ist, sondern es hat gesagt, dass es für einen solchen Eingriff in die Chancengleichheit eines Gesetzes bedarf. Das Haushaltsgesetz reicht dem Bundesverfassungsgericht dafür nicht aus.
Sie haben nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes angekündigt, der Bundestag werde nun schnell ein Stiftungsgesetz verabschieden. Gibt es schon konkrete Pläne dafür?
Wir steigen jetzt schnell ein in die Beratungen und besprechen uns innerhalb der Ampel. Ziel ist es, das Stiftungsgesetz spätestens im November dieses Jahres vor Abschluss der Haushaltsberatungen zu verabschieden, damit auf Basis des Stiftungsgesetzes Zuwendungen, die im nächsten Haushalt eingestellt sind, erfolgen können.
Aktuell erhalten die politischen Stiftungen Zuwendungen aus drei verschiedenen Fördertöpfen: für die Studienförderung, für ihre Auslandsarbeit und sogenannte Globalzuschüsse für ihre Bildungsarbeit in Deutschland, um die es vor allem im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ging. Soll das Stiftungsgesetz alle Bereiche betreffen?
Es geht auf jeden Fall um die Globalzuschüsse. Ob wir noch weitere Regelungen mitaufnehmen, werden wir sehen. Es ist aber naheliegend. Denn der Grundsatz, dass Verfassungsfeinde kein Geld aus Steuermitteln bekommen dürfen, gilt auch dort. Deswegen ist es gut möglich, dass wir umfangreichere Regelungen treffen werden.
Werden die Regelungen des Stiftungsgesetzes Einfluss auf die Höhe der Gelder und ihre Verteilung haben?
Na klar, natürlich. Dort wird geregelt werden, nach welchen Kriterien Stiftungen in welcher Höhe Fördergelder bekommen.
Bislang gab es verschiedene Faustregeln, beispielsweisedass eine Partei zweimal in Folge in den Bundestag einziehen muss, um Gelder zu erhalten, und sich deren Höhe nach den letzten vier Bundestagswahlergebnissen richtet. Werden diese jetzt im Gesetz festgeschrieben?
In die Richtung wird es gehen, ja.
Welche rechtlichen Voraussetzungen sind notwendig, damit die AfD-nahe DES nicht profitiert?
Der Grundsatz ist: Kein Geld für Verfassungsfeinde. Nach diesem Grundsatz werden wir jetzt Kriterien im Gesetz festschreiben, dass Verfassungsfeinde kein Geld bekommen. Wir werden genau beraten, wie wir die Hürden setzen können. Der Haushaltsausschuss hat beschlossen, dass schon bei Zweifeln an der Verfassungstreue die Steuergelder gestoppt werden. In diesem Sinne werden wir beraten.
Was sind mögliche Kriterien? Ob Teile der Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden?
Die Ergebnisse des Verfassungsschutzes können ein Kriterium für die Verfassungstreue sein. Hier ist zu fragen: Gibt es belegbare Hinweise, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung abgelehnt wird? Gibt es dort Personen, die einschlägig vorbestraft sind? Das sind Kriterien, an die man denken kann.
Besteht die Gefahr, dass der DES noch Gelder für die vergangenen Jahre nachgezahlt werden müssen?
So lese ich das Urteil nicht. Wir werden es noch in Ruhe beraten, aber meines Erachtens ergibt sich aus dem Urteil kein Nachzahlungsanspruch.
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ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo